Friday, November 6, 2009

Starverkäufer

Bei meinem letzten Stadtbummel fiel mir in der Buchhandlung ein Ratgeber zum Thema „VERKAUFEN!“ ins Auge. Was verbirgt sich hinter dem „Weg zu Ihrem persönlichen Verkaufserfolg“? Hier klingt es, als gäbe es ein Allheilmittel, mit dem sich jeder ganz einfach zum Verkaufsstar mausern kann.
In der Realität sieht dies jedoch etwas anders aus, und schon die wenigen Tricks, die der Ratgeber bietet, können meist nicht so leicht umgesetzt wie gedruckt werden.

Studien zu diesem Thema bieten vielfach Ansätze, bei denen neben Training und Weiterentwicklung des Verkaufspersonals zahlreiche weitere Faktoren in die Analyse der Vertriebseffektivität miteinbezogen werden. Hier findet sich z.B. ein Versuch, bei dem die Verkaufsdiagnostik 8 Kategorien erfasst, die sich wiederum in 62 Dimensionen aufgliedern lassen. Ein anderer Ansatz von Zoltners, Sinha und Lorimer bestimmt 5 Kategorien mit jeweils 5 Unterpunkten, das Unternehmen ein Werkzeug zur Analyse und Verbesserung ihrer Vertriebseffektivität bieten soll. Als Kategorien haben die drei Wissenschaftler Rollenverteilung und Handlungsbereich, Fähigkeiten/Fertigkeiten und Werte, Know-how, Anreize sowie Kontrollmechanismen bestimmt. In diese Kategorien fallen dann beispielsweise Faktoren wie Größe und Struktur der Verkaufsabteilung, Vergütung, zur Verfügung stehende Daten und Programme oder Zielsetzung und Motivation.
Alles in allem eine Unzahl von Kriterien, die es zu beeinflussen gilt.

Mein Stadtbummel führt mich unter anderem auch in ein Schuhgeschäft. Ein junger Herr berät die Kunden in charmant-gebrochenem Deutsch. Die Schuhe werden ihm förmlich aus den Händen gerissen.
Auf meine Frage hin: Sein 3. Arbeitstag, keine Erfahrung, keine Kommission, kein Training, kein Schlussverkauf.

Ist nicht genau das gemeint, wenn der Normalbürger von „Verkaufstalent“ spricht? Etwas, das man einfach hat und eher nicht beeinflussen kann. Auch dies kann man versuchen durch Charakteristika wie Freundlichkeit, Geduld, Überzeugungskraft, Redegewandtheit und Einfühlungsvermögen messbar zu machen. Die Gewichtung dieser scheint jedoch schon schwerer zu bestimmen. Wie viel Verkaufstalent ist überhaupt nötig, wenn alle sonstigen Kriterien zur Perfektion getrieben werden? Was kann oder muss der geborene Verkäufer überhaupt noch optimieren? Wie kann der Einfluss einzelner Faktoren bestimmt werden? Deren Zusammenspiel und Einzelwert sind unklar.

Das Thema ist komplex. Dennoch lohnt es sich einen Blick darauf zu werfen. Ob mit dem einen oder anderen Ansatz, besagte Studien und Projekte verzeichnen Erfolge. Man glaubt meist nicht, was man schon durch die genauere Betrachtung einer Sache bewirken kann. So führen Zoltners, Sinha und Lorimer das Beispiel eines Pharmazieunternehmens auf, das durch Analyse sowie gezielte Verbesserung und Training einer 20prozentigen Umsatzsteigerung entgegensehen konnte.

Natürlich erfordert solch ein Verbesserungsverfahren einen gewissen Aufwand und trifft oft auf Widerstand der Beteiligten, da die eingefahrenen Wege ungern verlassen werden. Doch genau dort verbergen sich oft die Probleme und man sollte sich die Mühe machen, zumindest einen genaueren Blick auf bestehende Strukturen, Abläufe und Gegebenheiten zu werfen. Man mag erstaunt sein, was man dort findet.
Per aspera ad astra!

Thursday, July 9, 2009

Genauer betrachtet

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Nachdem uns vor ein paar Wochen die ungewöhnlichen Methoden aufgefallen sind, mit denen Jobkandidaten versuchen, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wollte ich mir das Ganze einmal genauer ansehen. Dabei bot sich mir leider ein trauriges Bild: Frustrierte Gesichter, sobald ich Studenten, Absolventen und Jobsuchenden gegenüber das Thema Bewerbungen ansprach. Warum? Angesichts des Arbeitsmarktes fließt extrem viel Zeit und Herzblut in Bewerbungsbemühungen, aber nur wenig kommt zurück. Die Besagten beschweren sich über extrem lange Reaktionszeiten und schlechte Kommunikation seitens der Unternehmen.

„Ich hatte mich für eine Position beworben, die dringend und mit sofortigem Start ausgeschrieben war. Eine Antwort bekam ich nach 2 Monaten. Das Unternehmen war sehr an mir interessiert. Da hatte ich mich aber schon längst anderweitig orientiert.“ erzählt mir einer der Absolventen und erntet zustimmendes Nicken seiner Kommilitonen. „Ich frage mich dann immer, ob das in diesen Unternehmen generell so zugeht“ ein anderer.

Und da haben wir den Salat. In diesen Gesprächen, erlebe ich, wie der Ruf (oder die Employer Brand) der Unternehmen in den Augen der Bewerber dahinbröckelt. Man fragt sich, ob in anderen Bereichen auch nicht nach Leistungskriterien beurteilt wird.

Es ist natürlich auch verständlich, dass es für Unternehmen schwierig ist, auf große Bewerbermassen entsprechend schnell und gezielt zu reagieren. Die Erwartungshaltung ist jedoch geprägt von Erfahrungen mit großen Unternehmen oder Einflüssen aus dem Ausland. Während in den USA 98% aller Stellenangebote über Online-Karriereportale ausgeschrieben und durch Online-Recruiting besetzt werden, bietet sich hier noch ein ganz anderes Bild.
Dabei geht es ja nicht nur um den Ruf eines Unternehmens, sondern auch um die Vorteile, die die Online-Abwicklung des Bewerbermanagements bietet.

Personaler international agierender Unternehmen geben an, dass sie so ungefähr 70% der Zeit und 50% der Kosten sparen, die sie für den traditionellen Bewerbungsprozess ansetzen müssten. Woran das liegt?
Online-Recruitment ist nicht nur die elektronische Version der guten alten Bewerbungsmappe (ob per Post oder Email versandt), sondern bietet ganz neue Möglichkeiten und Verbesserungen:

  1. Es vergrößert die Reichweite, da eine riesige Anzahl von Bewerbungen ohne extra Zeit- und Kostenaufwand bearbeitet werden kann und das Unternehmen gleichzeitig für sich werben kann (z.B. durch virales Marketing oder ein positives Image des Unternehmens durch die professionelle Gestaltung des Karriereportals)
  2. Kommunikation erfolgt unmittelbar durch automatisierte Emails, die Kandidaten dennoch als persönliche Antworten auf ihre Fragen wahrnehmen.
  3. Kandidaten werden automatisch überprüft und nach positionsspezifischer Eignung und Fähigkeiten „vorsortiert“. Dabei können Selektionsverfahren wie Persönlichkeits- oder Fähigkeitstests integriert werden.
  4. Fehlbesetzungen können vermieden und die Fluktuationsrate gesenkt werden

Genauer betrachtet ist Online-Recruting eine Notwendigkeit, um mit anderen Unternehmen und deren gutem Ruf mitzuhalten, die Bewerberflut in die richtigen Bahnen zu leiten und dabei Zeit und Kosten so gering wie möglich, jedoch die Qualität des Bewerbermanagements so hoch wie möglich zu halten. Besonders in und nach der Krise ist das nicht nur Notwendigkeit, sondern auch Chance. Die Bewerberflut sollte weniger als Übel angesehen werden, sondern mehr als Gelegenheit (auch für kleinere Unternehmen) im „War for Talent“ Oberhand zu gewinnen. Die Menge an „Talent“, die derzeit auf dem Markt freigesetzt ist, kann eigentlich nur von Vorteil sein, solange man die richtigen „Waffen“ besitzt.

Es gibt 7 wichtige Regeln, die exzellentes Bewerbermanagement ausmachen und Unternehmen dadurch für den Kampf wappnen. Sind Sie gut ausgerüstet?
Testen Sie jetzt Ihren Recruiting-Prozess und erfahren Sie durch diesen Benchmarkprozess, wie Sie aufgestellt sind.

Hier geht's zum Test

(Autor: Anna Brockstedt)

Friday, June 26, 2009

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Liebe Leser,

Aufgrund Ihrer Nachfrage sind wir jetzt auch auf Twitter vertreten. Dort werden Sie allerdings die englische Version des Wirtschaftspsychologischen Dienstes finden: HR-Worldview. Twitter Updates können Sie auch gleich hier auf der rechten Seite des Blogs sehen.

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Viel Spaß beim Lesen!

Anna

Friday, June 19, 2009

Führungswechsel: Das 100 Tage-Paradoxon

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Je länger eine Führungskraft in einer neuen Führungsposition ist, desto besser kennt sie das System. Gleichzeitig hat sie aber immer weniger Einfluss auf ihre Selbstpositionierung. Denn nichts ist so stark wie der erste Eindruck. Die neuen Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzten machen sich gerade in den ersten Tagen ein Bild von der neuen Führungskraft, das sich zunehmend schwerer revidieren lässt. Das gilt übrigens interessanterweise auch, wenn ein früheres Teammitglied zur Führungskraft im eigenen Team wird.

Es ist paradox: In den ersten 100 Tagen, wenn die neue Führungskraft am wenigsten über das neue Unternehmen oder Umfeld, seine Regeln und seine Kultur weiß, ist der Hebel für eine gelungene Positionierung besonders groß. Daher muss es gelingen, die mangelnde Kenntnis über das neue soziale System durch systematische Vorgehensweisen auszugleichen. Dazu gehört auch, dass der Führungswechsler sich fremde Sichtweisen organisiert, um die eigenen blinden Flecken zu erhellen.

Vorraussetzung dafür ist, dass der Führungswechsler sich gerade in der ersten Zeit die Muße nimmt, wach und aufmerksam die Situation zu reflektieren und die Vorgehensweise zu planen. Nur so lassen sich Fehler in der Kommunikation und der eine oder andere Fettnapf vermeiden. Und nur so scheint das – auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht – wünschenswerte Ziel erreichbar, dass die neue Führungskraft schnell wirksam und langfristig erfolgreich wird.

Nun beobachte ich immer wieder, dass neue Führungskräfte sich gerade in den ersten 100 Tagen keine Zeit nehmen, um innezuhalten. Und das ist auch verständlich, denn diese Tage sind geprägt von vielen neuen Eindrücken und operativer Hektik. Aber es ist das klassische Problem des beschäftigten Holzfällers, der zum Sägeschärfen keine Zeit hat.
Wer langfristig erfolgreich sein will, muss seine „Säge“ frühzeitig „schärfen“ und sich spezielle Fähigkeiten aneignen. Hierzu gehören aus meiner Sicht:
  • die Fähigkeit sich systematisch auf die neue Führungsposition vorzubereiten
  • die Fähigkeit sich in der neuen Organisation zu orientieren und die Einarbeitungsphase zu strukturieren
  • die Fähigkeit von Anfang an zielgerichtete Gespräche mit Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kollegen zu führen
  • die Fähigkeit, Visionen, Ziele und Strategien zu formulieren und zu kommunizieren
  • die Fähigkeit Veränderungen zu konzipieren, einzuleiten und umzusetzen
  • die Fähigkeit und Bereitschaft sich zu reflektieren, um aus den gemachten Erfahrungen zu lernen.
Das Unternehmen kann hierzu einen großen Beitrag leisten. Je mehr Führungswechsel im Unternehmen stattfinden, desto dringender ist es, dies auch zu tun. Es gibt drei Ebenen, auf der die Geschäftsführung und die Personalabteilung Führungswechsel systematisch unterstützen kann:

1. Die individuelle Ebene:
Hier setzen Trainings- und Coachingkonzepte an, um die neue Führungskraft für den Führungswechsel fit zu machen.

2. Die prozessuale Ebene:
Hier werden auf der Ebene des Unternehmens klare Vorgehensweisen und Prozesse etabliert, um die Führungskraft systematisch beim Ankommen im Unternehmen zu unterstützen. Es werden verbindliche Feedbackschleifen definiert. Dabei sind Maßnahmen hilfreich wie z.B.
  • Ritualisierte Übergabegespräche zwischen alter und neuer Führungskraft
  • Erwartungsklärung und schriftliche Vereinbarungen zwischen neuer Führungskraft und Vorgesetztem für die ersten 100 Tage
  • Erfahrungsaustausch unter den Führungskräften
  • Startworkshops im Team zur Zusammenarbeit
  • Einarbeitungsprogramme
  • Hospitationsprogramme
  • Regelmäßige und ritualisierte Feedbackgespräche
3. Die kulturelle Ebene:
Diese Ebene ist - wie immer - am schwierigsten zu bearbeiten. Denkweisen wie „eine gute Führungskraft muss da durch, ich musste da auch durch“ haben in einer Zeit, in der die Führungskräfte immer kürzer in einer Position bleiben, keinen Raum mehr. Daher muss die Integration neuer Führungskräfte auf der kulturellen Ebene – und damit auch im Leitbild, den Führungsleitlinien, in Personalentwicklungs- und Kommunikationskonzepten verankert werden.

Wenn frühzeitig und systematisch die „Säge geschärft“ wird, lässt sich das 100-Tage-Paradoxon auflösen. Dazu gehört das Innehalten in einer hektischen Zeit. Und das liegt sowohl im Interesse der einzelnen Führungskraft als auch des Unternehmens.
(Autor: Michael Seipel)

Friday, June 12, 2009

Unkonventionelle Methoden

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Angesichts der hohen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt lassen einige Kandidaten ihre Phantasie spielen, um sich von der Masse der Bewerber abzuheben.
Laut einer Studie, die CareerBuilder in den USA durchführte, berichteten 18% der Einstellenden, dass im Gegensatz zum letzten Jahr mehr Jobsuchende außergewöhnliche Taktiken einsetzten, um Aufmerksamkeit zu erregen. 2008 machten nur 12% diese Aussage.

Nachdem die Arbeitssuche langwieriger und der Konkurrenzdruck höher geworden ist, greifen einige Kandidaten zu ungewöhnlichen Mitteln, um Eindruck zu hinterlassen. Hier ein paar "merkwürdige" Beispiele:

  • Ein Bewerber verkleidete sich angesichts des nahenden Osterfestes als Hase
  • Ein Kandidat zeigte sein Engagement, indem er auf dem Parkplatz Autos wusch
  • Ein weiterer legte seinem Lebenslauf einen Schuh bei, um einen "Fuß in die Tür zu bekommen"

Weitere Beispiele und Informationen zu dem Artikel finden Sie unter http://www.pitchengine.com/free-release.php?id=14756.

Haben Sie auch schon ungewöhnliche Bewerbungsstrategien beobachtet? Berichten Sie doch, was Ihnen Merkwürdiges widerfahren ist!

Friday, June 5, 2009

Das Problem richtig angehen

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Es gab einen Punkt in meiner Karriere, an dem mir die Führung eines Beraterteams übertragen wurde. Ich war sehr erfreut darüber, dieses Team leiten zu dürfen, das hauptsächlich aus erfahrenen Veteranen bestand, die sich in ihrem Job besser auskannten als ich. Mit einer Ausnahme: „Jane“. Sie war seit über 20 Jahren in Ihrer Position und ich konnte aus den Berichten über ihre Beratungstätigkeiten ersehen, dass sie ihre Aufgaben auch immer noch genauso wie zu jener Zeit erledigte. Die Korrektur ihrer Berichte kostete mich einige Zeit und Rotstifte, bevor ich das Ergebnis den Kunden vorlegen konnte. Auf der anderen Seite war sie jedoch eine zuverlässige Mitarbeiterin, liebenswürdig im Umgang und beliebt bei den Kunden. Ich mochte sie wirklich gern. Dennoch konnte sie sich offensichtlich an die Veränderungen im Beruf nicht anpassen und hemmte dadurch unseren Erfolg.

Ihr vorheriger Vorgesetzter - mein Chef - hatte sie in Beurteilungen immer so durchkommen lassen. Daher wäre es die sichere Sache gewesen, die Angelegenheit zu ignorieren. Das Datum ihrer Leistungsbeurteilung rückte immer näher. Also musste ich in ihr Büro an die Ostküste und etwas unternehmen. Sollte ich der hartherzige Henker sein und sie einfach feuern? Wie würde sich das auf den Rest des Teams und dessen Meinung von mir auswirken? Ich könnte auch einfach die zusätzliche Zeit aufbringen, um ihre Berichte umzuschreiben. Wäre das jedoch den anderen und mir gegenüber fair? Sollte ich ihr Sondertraining anbieten und hoffen, dass sie damit 20 Jahre unterdurchschnittlicher Leistung wettmachen könnte. Ich wusste, dass das nicht gelingen würde. Was tun also?

Ich hatte keinen besseren Plan als ihr darzulegen, was meiner Meinung nach die Schwachstellen ihrer Leistung waren, und zu sehen, was passieren würde. Mit meinem üblich guten Sinn für Timing setzte ich den Zeitpunkt für die Konfrontation genau 2 Tage vor Thanksgiving an. Ich zeigte ihr ihre Berichtentwürfe der letzten Monate und erklärte ihr die Anmerkungen, die ich dazu gemacht hatte, und welche Probleme sich darin spiegelten. Jane sagte währenddessen kein Wort. „OK, was machen wir nun?“ fragte ich sie, als ich fertig war. „Soll ich so weitermachen und dir das Leben bis zur Rente schwer machen?“

Im Rückblick ist mir klar, was ich in dieser Situation richtig und falsch gemacht habe.
Gut war, dass ich mich entschieden hatte, etwas zu unternehmen, anstatt die Sache einfach zu ignorieren. Es wäre Jane, mir und dem Unternehmen gegenüber nicht fair gewesen, eine unakzeptable Leistung zu tolerieren. Außerdem hatte ich passende und objektive Kriterien aufgestellt, die „gute Leistung“ in diesem Beruf definierten, und Janes Nichterfüllung dieser dokumentiert, so dass sich dies nicht anzweifeln ließ.

Auf der anderen Seite hatte ich aber auch Fehler gemacht. Ich hatte keine Entscheidung darüber gefasst, was eigentlich geschehen sollte. Stattdessen hoffte ich auf einen positiven Ausgang, ohne zu wissen, was ich tun würde, wenn sich an der jetzigen Situation nichts änderte. Außerdem hatte ich angedeutet, dass Jane sich aus dem Beruf zurückziehen sollte. Das hätte mich in Teufels Küche bringen können, wenn sie es darauf angelegt hätte.
Zusätzlich konnte ich mich nicht von meinem emotionalen Bedürfnis distanzieren, mit dieser liebenswürdigen Person nett umzugehen. Also hatte ich einfach auf das Beste gehofft.
Was Jane denken mochte, davon hatte ich nicht die leiseste Ahnung. Ich hatte ihr nicht gesagt, was ihre Beurteilung beinhalten würde, sondern ihr nur die verbesserten Berichte gegeben.

Janes Reaktion? Sie sagte: „Ich habe schon eine ganze Weile über diese Situation nachgedacht. Ich habe keine Lust mehr, denselben alten Job zu machen, und außerdem jemanden kennengelernt. Wir spielen mit dem Gedanken zu heiraten. Daher würde ich gerne noch ein paar Monate arbeiten und mich dann aus dem Beruf zurückziehen. Würde sich das mit Deinen Überlegungen decken?"

Dies führt mich zu einer Checkliste, die man machen sollte, um solche Gespräche, von denen man sich wünschte, sie nie führen zu müssen, zu handhaben:

  1. Entscheiden Sie sich im Vorhinein für eine Lösung des Problems. Welches Ergebnis möchten Sie erzielen? Versuchen Sie dabei, sofern möglich, eine „win-win“ Situation anzustreben.
  2. Seien Sie gut vorbereitet und beschreiben Sie Fakten, nicht Gefühle. Was ist das Problem? Können Sie es unzweifelhaft belegen?
  3. Welche Gefühle haben Sie dabei? Sie sollten sich Ihrer Gefühlslage bewusst sein, um zu erkennen, ob Sie sich davon zu stark beeinflussen lassen.
  4. Was ist der Standpunkt des anderen? Können Sie das wissen oder herausfinden? Wie könnte das die Situation verändern?
  5. Legen Sie die Situation objektiv dar und vermeiden Sie persönliche Kritik. Sagen Sie z.B. „Deine Berichte entsprechen nicht dem Standard“ statt „Du bist nicht in der Lage, gute Berichte zu verfassen“.
  6. Erhalten Sie von dem Betroffenen eine klare Aussage darüber, wann und was im Anschluss geschehen soll, und verfolgen Sie dies auch.


Und Jane? – Glücklich verheiratet und aus dem Berufsleben zurückgezogen. Sie hat mich zu einem gemeinsamen Abendessen bei nächster Gelegenheit eingeladen.
(Autor: George Krafcisin, Mosaic Management Inc., http://www.mosaiccoaching.biz/)

Friday, May 29, 2009

Es rollt eine Welle von Bewerbungen auf uns zu!

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Nicht jedem Industriezweig geht es im Augenblick schlecht. In vielen Unternehmen werden Arbeitskräfte eingestellt, was aus dem großen Angebot offener Stellen auf diversen Internetseiten wie Monster oder Stepstone ersichtlich wird. Auch die Zahl der Bewerber, die diese Seiten besuchen, hat in den letzten Wochen drastisch zugenommen. Mit dem Anstieg der Arbeitslosenzahlen rollt eine unausweichliche Flut von gemischt qualifizierten und motivierten Kandidaten auf uns zu.

Was aber nicht gleich auffällt ist der Stress, der auf die Personalabteilung in Unternehmen zukommt. Urplötzlich ist die Zahl der potenziell geeigneten Kandidaten, die Arbeit suchen, angestiegen und ein Ende dieser Tendenz ist nicht in Sicht. Einige unserer Klienten berichteten uns, dass sie ebenso viel Zeit verbrauchen, um den Bewerberpool zu strukturieren, wie sie letztendlich für das tatsächliche Besetzen der leeren Arbeitsplätze benötigen. Das ist zu viel.
Um die Anzahl der eingehenden Bewerbungen zu minimieren müssen sich die Recruiter, Manager oder die für die Einstellung zuständigen Personen ohne genaue Kenntnisse über die bewerbenden Personen zu haben auf 50 % der eingegangenen Bewerbungen quasi „Blind“ festlegen. Im Klartext heißt das, dass dadurch eventuell die sogar am besten geeigneten Bewerber voreilig durch das Auswahlverfahren fallen, da die Zeit nicht ausreicht, um sich mit jeder Bewerbung eingehender zu beschäftigen.
Eine Vielzahl namhafter Unternehmen arbeitet schon mit einer maßgeschneiderten eigenen Software, die sich auf „Bewerbersuche“ spezialisiert hat. Eigene große Abteilungen widmen sich dem Einstellungsverfahren und ganze Teams verbringen Ihre Zeit mit dem Führen von Interviews/Einstellungsgesprächen. Aber nicht immer stimmen im Vorlauf dazu Anspruch und Wirklichkeit in der Arbeit mit der zur Verfügung stehenden Software und die darin liegenden Möglichkeiten überein.

Und was ist mit den kleineren bzw. mittleren Unternehmen, die nicht auf Profi- Ressourcen zurückgreifen können und denen die Geldmittel nicht zur Verfügung stehen, um sich derartige Ressourcen an Ort und Stelle zu leisten? Auch diese wollen ein professionelles Verfahren nutzen können, das Bewerber nach ihren Kriterien einlädt, mit ihnen kommuniziert und automatisch vorsortiert.

Also für mich sieht es so aus, dass es letztendlich 3 Mittel gibt die in Frage kommen: (ich erhebe nicht den Anspruch der Vollständigkeit dieser Liste)

  1. Man kann „blind einen gewissen Prozentsatz der Bewerbungen ausfiltern“ (schlecht)
  2. Man kann sich an einen ortsansässigen Recruiter wenden der einen Grossteil der Arbeit übernimmt (wohl teuer)
  3. Man kann mit genau den Online Recruiting Tools und Tests arbeiten, die Kandidaten vorsortieren (eine Alternative), so dass man sich die Zahlung an den Mittelsmann spart
  4. Man kann mit Agenturen arbeiten, die Online Recruiting Suites nutzen, und die dadurch entstehenden Kostenvorteile an Kunden weitergeben (evt. ist das eine integrierte Alternative)

Werden Sie sich neu organisieren? Welche Alternativen verfolgen Sie?

Friday, May 22, 2009

Befragung: 360° Feedback Systeme

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Haben Sie innerhalb des letzten Jahres an einem 360 Grad Feedback Projekt teilgenommen?

Wir sammeln Informationen zur wahrgenommenen Effektivität verschiedener 360° Feedback Systeme. Haben Sie Lust mitzumachen? Dann nehmen Sie sich bitte einen kurzen Moment Zeit, um ein paar Fragen zu dem letzten 360° Feedback Project, an dem Sie teilgenommen haben, zu beantworten. Da wir die Befragung international durchführen, sind die Fragen in englischer Sprache formuliert.
Gerne lassen wir Ihnen die Ergebnisse dieser Befragung zukommen. Geben Sie einfach am Ende der Befragung Ihre Email-Adresse an.

Klicken Sie auf den Start Button, um an der Befragung teilzunehmen:



Gegen die Regeln

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Mit anderen Menschen zusammenzuarbeiten kann frustrierend sein – sie verhalten sich einfach nicht nach akkuraten, logischen Regeln. Wenn sie ein analytischer Typ sind, der sich gerne mit Flowcharts und Gleichungen beschäftigt, aber mit anderen zusammenarbeiten oder sie gar managen muss, müssen sie soviel wie möglich über Verhalten lernen und dann immer noch erraten, was wohl am besten zu tun ist. Dabei wäre es schön, eine Ahnung davon zu haben, welche menschlichen Faktoren sich am meisten auf Produktivität und Profit auswirken.

Daher war ich sehr erfreut, als ich auf ein paar nützliche Daten der Meinungsforscher der Gallup Organisation stieß. Deren Buch „First Break all the Rules“ (Marcus Buckingham & Curt Coffman) liefert statistische Daten, die die Profitleistung einer Firma damit in Zusammenhang setzen, was die Angestellten von ihrem Arbeitsplatz halten. Die Studie ergab, dass Produktivität, Ertragskraft, Mitarbeiterbindung und Kundenzufriedenheit stark mit der positiven Beantwortung von 6 Fragen durch die Angestellten korrelieren. Diese 6 Fragen sind:
  1. Weiß ich, was von mir bei der Arbeit erwartet wird?
  2. Habe ich Material und Ausrüstung, um meine Arbeit gut zu machen?
  3. Habe ich die Gelegenheit, was ich am besten kann, jeden Tag zu tun?
  4. Ist die Arbeit, die ich in den letzten 7 Tagen gut gemacht habe, wahrgenommen oder gelobt worden?
  5. Interessiert sich ein Mitarbeiter oder Vorgesetzter für mich als Person?
  6. Wird meine Weiterentwicklung gefördert?
Manche dieser Fragen scheinen auf der Hand zu liegen: Wie soll man gute Leistung zeigen, wenn man nicht weiß, was von einem erwartet wird? Dennoch, glauben sie mir, dass im täglichen Kampf mit dem überladenen Terminkalender einiges untergeht. Natürlich ist es auch naheliegend, dass die Mitarbeiter ein Bedürfnis danach haben, dass man sich für sie interessiert. Aber geben Sie denn Ihr Bestes, um auf diese 6 Fragen ein „JA“ zu erhalten? Und macht Ihr Vorgesetzter dasselbe für Sie?

Das Buch enthält noch viel mehr Information, darunter 6 weitere Fragen, die weniger stark mit guter Leistung korrelieren, und ein paar Vorschläge, wie man diese Informationen am besten verwenden kann. Ich kann das Buch nur empfehlen.
(Autor: George Krafcisin, Mosaic Management Inc., http://www.mosaiccoaching.biz/)

Vordenker - Seien Sie neugierig!

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Es dauert eine Weile, bis eine bestimmte Methode oder Technik zur “Best Practice” wird. Zunächst muss sie durch Zeitschriften und später die Workshops diverser Business Schools zirkulieren, von den DAX-gelisteten Konzernen eingesetzt und auf Fachmessen propagiert werden, bis sie dann schließlich auf Ihrem Schreibtisch landet.

Was jedoch, wenn Sie schon jetzt erkennen könnten, was sich anderen erst noch als “Best Practice” offenbaren muss. Was, wenn Sie sich bereits an dem Punkt zwischen “Zeitschriften” und “Business Schools” ihr eigenes Bild machen könnten? Da wäre es ein zunächst einmal gut, zu wissen, welche Zeitschriften man durchforsten sollte. Außerdem mangelt es oft an der nötigen Zeit.


Dafür gibt es jedoch eine Vielzahl von Datenbanken (nicht nur Lexis-Nexis), die die Suche erleichtern. Die meisten Artikel, die sie so finden können, werden in englischer Sprache verfasst sein, da die Mehrzahl der akademischen Studien, die auch in international renommierten Fachzeitschriften veröffentlicht werden, aus dem amerikanischen Raum stammt.

Wenn Sie sich nun auf den neuesten Stand des Wissens bringen und auf die Suche nach der zukünftigen „Best Practice“ machen möchten, sollte der Rechercheprozess optimalerweise so aussehen:

1) Auswahl eines Themas, das von besonderem Interesse ist, beispielsweise:
  • Leadership Learning
  • Leadership Training
  • Employee Assessments
  • Organizational Commitment
  • Talent Management
  • Employee Relations
  • Employee Confidence
  • Executive Talent
  • Innovative Talent
  • Leader Member Exchange
  • Performance Management
  • Organizational Engagement
  • Work Group Integration
  • Oder jedes andere Thema Ihrer Wahl…
2) Durchführung einer tiefgründigen Recherche zu diesem Thema in verschieden (öffentlichen und nicht öffentlichen) Datenbanken, beispielsweise:
  • Academic Search Premiere
  • Lexis-Nexis Business
  • Lexis-Nexis Academic
  • JStore
  • PubMed
  • PsycINFO
  • PsycPUB
  • Web of Science
  • WorldCat
  • ProQuest
3) Diese Datenbanken wiederum durchsuchen tausende Fachzeitschriften wie:
  • Educational Management Administration & Leadership
  • Journal of Information Science
  • Social Studies
  • Journal of Economic Behavior & Organization
  • Theory into Practice
  • Economist
  • Social Indicators Research
  • Leader to Leader
  • Journal of Psychology
  • Behavior Modification
  • Expert Systems with Applications
  • Workforce Management
  • Journal of Applied Psychology
  • Behavior Modification
  • Expert Systems with Applications
  • Workforce Management
  • Gender, Work & Organization
  • T + D
  • Und viele weitere...
4) Nach dem Lesen und Verarbeiten aller relevanten Quellen und bei Beendigung der Recherche sollte man folgende Ergebnisse erreicht haben:
  • Eine umfassende Übersicht über den derzeitigen Stand der Literatur und die wichtigsten Erkenntnisse und Ideen, die sich darin finden
  • Eine Zusammenstellung der Abstracts der wichtigsten Artikel
  • Angaben zu den Vollversionen der Artikel, um nötige Details in Erfahrung bringen zu können
  • Informationen zu themenbezogenen Managementmethoden oder -instrumenten (ob neuartig oder bereits vielfach eingesetzt) und deren Implementierung
  • Einblicke darein, was sich zur zukünftigen „Best Practice“ entwickeln wird
(Autor: Anna Brockstedt)

Was ist Ihr aktuelles Recherchethema? Vielleicht arbeiten wir gerade an einer ähnlichen Recherche. Wenn Sie sich für dafür interessieren und mehr Information benötigen, schreiben Sie mir unter info@hr-meter.com.

Monday, May 18, 2009

Feldforschung: 360° Feedback

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Wir haben vor einiger Zeit etwas „Feldforschung“ betrieben und einigen Führungskräften und Beratern aus dem HR-Bereich folgende Frage gestellt:

„Hatten Sie schon einmal den Fall, dass ein 360° Feedback mit Nachbereitung nicht den erwarteten Langzeiteffekt der Leistungsbeobachtung erfüllt hat?“

Es hat uns nicht überrascht, auf diese weitreichende Frage eine Vielzahl unterschiedlicher Antworten zu erhalten. Dennoch lässt sich ein Leitmotiv erkennen!

Sehen wir uns diese Antworten einmal an:

„Meiner Meinung nach funktionieren diese Feedbacksysteme, wenn sie nicht nur als Bewertungs- sondern auch als Entwicklungsinstrument eingesetzt werden. 360° Feedback Systeme scheinen effektiver zu sein, wenn der Manager sich an der Implementierung beteiligt, und wenn die Mitarbeiter zeitgemäßes Feedback erhalten, dass sie zur Zielsetzung und Leistungsverbesserung verwenden können. Diese Systeme sollten außerdem dazu dienen, die Werte, die ein Unternehmen vertritt, zu verfestigen.“
Anonym HR

„Während 360° Feedback weitreichend als das entscheidende Instrument für HR-Interventionen akzeptiert wird, wird es seiner eigentlichen Bestimmung oft nicht gerecht. Einer der Hauptgründe dafür ist, wie glaubwürdig das Feedback vom Empfänger empfunden wird. Oft werden diejenigen, die das Feedback geben, vom Empfänger ausgesucht oder nachträglich durch die informelle Kommunikation, die in jedem Unternehmen besteht, bekannt. Sobald dieses Geheimnis gelüftet ist, weiß ein schlauer Feedbackempfänger, welchen Tonus er zu erwarten hat. In diesem Fall schrumpft nicht nur das Interesse, sondern auch die Wirkung, die das Feedback auf den Empfänger und seine Leistungsbeobachtung oder andere Ziele haben wird.“
Lakshmi DVS, PHR, SPHR

„Ich hatte Fälle von 360° Feedback oder ähnlichen Prozessen, bei denen das Bewusstsein des Klienten geschärft wurde, was an sich schon großen Wert hat. Ich kann mich an einige Fälle erinnern, in denen die Klienten einfach noch nicht für den nächsten Schritt bereit waren (z.B. eine bestimmte Veränderung anzugehen oder bestimmte Vorgehensweisen oder Angewohnheiten zu entwickeln). Dabei trug ich dann mehr zu ihrer Veränderung bei als sie selber. Das war eine wichtige Lektion für mich als Coach (vor allem in meiner Rolle als interner HR Berater). Im Nachhinein erkenne ich andere und bessere Wege, die ich hätte einschlagen können, um meinen Klienten zu helfen.“
Anonym HR

„Meiner Erfahrung nach kann dies passieren, wenn der Manager seine Erwartungen an die Mitarbeiter nicht deutlich formuliert. Man kann ein großartiges 360° Feedback und Coaching haben, aber gemischte Signale vom Manager. In diesem Fall ist Versagen der Mitarbeiter vorprogrammiert. Das englische Sprichwort „join a company and leave a manager“ hat hier großen Wahrheitsgehalt. Vor allem in der derzeitigen Wirtschaftslage sehe ich leider noch weniger Führungsqualität auf dem Managementlevel, was es den Mitarbeitern sehr schwer macht, gemeinsam mit dem Manager für den Erfolg zu arbeiten.“
Alanea Kowalski

„Die meisten Manager halten das 360° Feedback für eine auferlegte Aufgabe und nicht einen Entwicklungsprozess. Aber wer hat auch gesagt, dass ein Manager als Coach fungieren kann? Wer kann bestimmen, ob ein Manager fähig ist zu coachen, lehren, führen und unterstützen? Ich denke, dass das die Frage ist, die wir (HR) uns stellen sollten. Ich bin ehrlich gesagt mehr und mehr von der Wichtigkeit der Entwicklungsinitiative der Mitarbeiter überzeugt als von der des Unternehmens oder der Unterstützung durch den Manager!“
Anonym HR

Die große Frage ist also:
Was ist hier das gemeinsame Motiv? Gibt es eines? Ich denke schon, werde es aber nicht verraten! Was denken Sie?
Tipp: Es hat etwas mit dem „danach“ oder dem nächsten „Schritt“ zu tun.
(Autor: Anna Brockstedt)


Ressourcen zu diesem Thema:

Thursday, May 14, 2009

Geständnisse am Arbeitsplatz

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Führungskräfte agieren effektiver, wenn sie die Oberhand zu haben scheinen.* Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens liegen jedoch oft außerhalb der Führungsgewalt. Für das Management ist es einfach, die Rohstoffpreise, das Wetter oder eigenwillige Kunden für schlechte Unternehmensleistung verantwortlich zu machen.

Es gibt eine Forschungsstudie, die das Verhalten des Aktienkurses in zwei verschiedenen Situationen beobachtete. Zum einen wurde eine Gruppe von Unternehmen beobachtet, die schlechte Leistung durch interne Probleme erklärten, sprich die Schuld auf sich nahmen. Die andere Gruppe bestand aus Unternehmen, die externe, unkontrollierbare Faktoren für schlechte Leistung verantwortlich machten. Das überraschende Ergebnis: Für die erste Gruppe, in der die Führungskräfte bereit waren, interne Probleme einzugestehen, entwickelte sich der Aktienkurs im folgenden Jahr durchwegs besser. Ehrlichkeit scheint sich auszuzahlen.

Allerdings gehört mehr dazu, sich die Schuld einzugestehen, als ein bloßes „Tut-mir-Leid“. Wenn ich an die umfangreiche Liste meiner persönlichen Führungsfehler denke, erinnere ich mich an ein Beispiel aus meiner Zeit als Vorstandsmitglied. Ein Kollege aus dem Management nahm mich eines Tages zur Seite und sagte: „Du solltest vielleicht mal mit John sprechen. Er ist etwas verärgert, da du dich noch nicht um seine Beurteilung und Gehaltserhöhung gekümmert hast. Er traut sich aber nicht, dich darauf anzusprechen.“ (Hm…klang, als hätte ich mindestens zwei Fehler gemacht.)

Ich kontrollierte meine Unterlagen, und stellte natürlich fest, dass ich die Beurteilung vergessen hatte, vielleicht da ich mit anderen „wichtigen“ Dingen beschäftigt gewesen war, vielleicht weil ich Beurteilungen hasste. Aus welchem Grund auch immer, es war definitiv meine Schuld.

Ich sprach mit John und zur Abwechslung verhielt ich mich clever: Ich gab meinen Fehler zu und versuchte nicht, ihn herunterzuspielen oder abzutun. Ich versicherte ihm, dass dies ein Fall von Schlamperei gewesen sei und nichts mit seiner Leistung oder meiner Meinung von ihm zu tun habe. Dann ging ich unverzüglich dazu über, den Fehler wieder gut zu machen, wobei ich mich vor meinem Vorgesetzten und der HR-Bürokratie demütigen musste, um eine nachträgliche Gehaltserhöhung zu erwirken. Dann erzählte ich John und meinem Chef, dass ich dabei war ein Erinnerungssystem für die Evaluationstermine anzulegen, damit mir so etwas nicht wieder passieren würde.

Ich behielt es als Lehre für meine spätere Karriere in Erinnerung, die Schuld auf mich zu nehmen, wenn es auch einfacher wäre sie auf jemand anderen abzuwälzen. Ich bin der Meinung, dass ich durch dieses beständige Verhalten viel Glaubwürdigkeit erwirkt habe. Die Leute wussten, dass es die Wahrheit war, wenn ich etwas auf einen externen Faktor zurückführte, da sie gesehen hatten, dass ich meine Schuld auch eingestehen konnte, wenn es der Fall war.

Überlegen Sie sich also gut, woran genau Sie die Schuld tragen, wenn Sie erklären müssen, warum etwas schief gelaufen ist. Und dann müssen Sie mehr unternehmen als sich nur zu entschuldigen. Erklären Sie, wie Sie den Fehler wieder gutmachen können und wie Sie ähnliche Probleme in Zukunft vermeiden werden. Und tun Sie dies auch. Es wird sich langfristig auszahlen, auch wenn es zunächst einmal unangenehm ist.

(Autor: George Krafcisin, Präsident, Mosaic Management Inc., http://www.mosaiccoaching.biz/)

*“The Half-Truths of Leadership” by Jeffery Pfeffer and Robert I. Sutton, Harvard Business School Working Knowledge (http://hbswk.hbs.edu). Der Artikel ist nicht mehr auf der Seite zu finden, kann aber als elektronische Kopie verfügbar gemacht werden.

Wednesday, March 18, 2009

Softskills sind wichtig!

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Warum kürzen Unternehmen in einer Krise als erstes bei Training und Coaching? Softskills sind wichtig. Wir alle wissen, dass die meisten Projekte nicht an technischen Problemen scheitern, wir alle wissen, dass die meisten Unternehmen nicht aufgrund technischer Probleme Marktanteile verlieren, wir alle wissen, dass am Ende eines jeden Problems, wenn man es konsequent zu Ende denkt, Menschen sitzen. Trotzdem, gerade in einer Krise, wird zunächst das Budget für Softskills gekürzt. 
Es gibt genügend Anlass zum Nachdenken:  67% der deutschen Arbeitnehmer machen Dienst nach Vorschrift (Gallup); 800.000 Arbeitnehmer in Deutschland nehmen ständig leistungssteigernde Medikamente, 2 Mio gelegentlich (DAK); die Kosten von Stress am Arbeitsplatz betragen in Deutschland ca. 10 % des BSP (EU). Sicherlich geht es bei vielen Unternehmen ums "Überleben" und es gibt keine Alternative zum sofortigen Kostenstop. Wieviel der auf Kostenstop setzenden Unternehmen haben hier aber tatsächlich keine Wahl? Ist der Kostenstop nicht eine sehr riskante Strategie, denn gerät ein Unternehmen, welches nicht mehr in Softskills investiert, nicht erst recht in eine Krise? 

Hier meine Frage: Wie können wir unsere Unternehmen davon überzeugen, in einer Krise die Budgets für Softskills auszuweiten anstatt zu kürzen? (Autor: Thomas Schulte, www.thomas-schulte-coaching.de)

Tuesday, February 24, 2009

Führungsprobleme und moderne Systemtheorie

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Stellen Sie sich bitte folgende Situation vor: Ein Team wendet sich an das obere Management um mitzuteilen, dass es mit der Bereichsleitung nicht mehr arbeiten will. Der Führungsstil sei „unmenschlich“. Es würde nur noch kritisiert und die Leistungserwartung sei im Rahmen der Arbeitslast unerreichbar. Es wurde nicht mehr als notwendig gesprochen und es wurde sich aus dem Weg gegangen. Mitglieder aus dem Team wurden krank und blieben der Arbeit fern. Die Bereichsleitung verstand das Problem nicht. Sie achtete nur auf entsprechende Qualität bei der Leistung und die sei nunmal nicht optimal. 

Der Aufmerksamkeitsfokus lag beidseitig klar auf dem was auf der anderen Seite jeweils nicht funktionierte und genau das wurde natürlich in der täglichen Arbeit auch gefunden.

Die Qualität der Arbeitsergebnisse ging in den letzten Monaten deutlich zurück.

Folgende Fragen sind denkbar: Wer hat das verursacht? Die Bereichsleitung? Oder eher Mobbing der Führungskraft durch das Team? Das obere Management, weil es die Situation nicht kommen sah und entsprechend agierte?

Die Antworten fokussieren, dann eher auf Personen und deren vermeintlichen objektiven  Eigenschaften. Diese Antworten kommen jedoch vom Antwortgeber, bzw. vom Beobachter aus seiner Sicht und sagen oft mehr über seine Werte, Filter und Ziele und als über die beschriebenen Personen. Die zugeschriebenen Eigenschaften sollen dann erklären wie es zu der Eskalation sowie zu den Denk- und Verhaltensmuster gekommen ist und Wege aus der Krise zeigen.

Kurt Levin sagte: "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie". Die moderne Systemtheorie bietet uns die Sichtweise, dass Systeme nicht aus Personen sondern aus Kommunikation und zurechenbarer Handlung bestehen. Die Bereichsleitung und das Team sind in dem Sinne ein System. Sie unterscheiden sich in ihrer Art und Weise sowie von den Aufgaben von anderen Bereichen. Ein System besteht aus einer Differenz zu seiner Umwelt.

Kommunikation besteht nach Luhmann aus Information, Mitteilung und Verstehen. Ein System wird durch Kommunikation geschaffen und erschafft sich durch Folgen von Kommunikation weiter (selbstreferentiell).

In dem Fall haben Bereichsleitung und Team ihr System erarbeitet, indem Kommunikationsbeiträge der anderen Seite spezifisch gedeutet, bewertet und beantwortet wurden. Durch diese Betrachtung kommen sowohl Bereichsleitung als auch das Team ins Bild. Wenn nun dazu betrachtet wird, dass nicht die Personen den Unterschied machen sondern die Kommunikation, die zwischen ihnen statt findet, dann bedeutet dies, dass beide Seiten gleichermaßen für das Ergebnis der Kommunikation und Handlungen verantwortlich sind. Ergeben sich durch diese Sicht neue Möglichkeiten der Bewertung? 

Das ist doch völlig klar, mögen sich viele Leser denken, doch betrachten Sie einmal was in vielen Unternehmen passiert, wenn es mit der Führung nicht wie gewünscht klappt. Oft wird dann ein „Schuldiger“ gesucht und ausgetauscht.

Praktisch bedeutete dieser Auftrag für mich, mit allen Beteiligten Gespräche zu führen, um zu prüfen wie verhärtet oder wie elastisch die Sichtweisen jeweils waren. Das ca. 4 Stunden lange  Gespräch mit dem Team startete mit der klaren Aussage: „Wir können über alles reden, doch die Chefin muss weg.“

Wirken kann ein Berater nur dann, wenn seine Kommunikation „anschlussfähig“ zu dem System  wahrgenommen wird. Als Berater bin ich in dem Kontext „neutral“ oder besser allparteilich und hinterfrage „naiv“  und ergebnisoffen, die jeweiligen Sichten mit systemischen, d.h. unterschiedsbildenden Fragen. Zum Beispiel mit Skalierungsfragen: Bei einer Skala von 0 – 10 wobei 0 für „katastrophal“ und 10 für „optimal“ steht.  „Wie sehen Sie die Zusammenarbeit mit Ihrer Chefin derzeit? Wie schätzen Sie es ein, war es, als Ihre Zusammenarbeit am Besten war?“ Oder auch mit zirkulären Fragen: „Wie schätzen Sie, beschreibt Ihre Chefin die Situation? Wann war das Verhalten Ihrer Chefin mal ein wenig anders? Wie haben Sie darauf reagiert?“

Später fragte ich das Team: „Auf einer Skala von 0 – 10, wobei 0 für völlig unbeweglich und 10 für sehr beweglich steht: Wie schätzen Sie Ihre persönliche Bereitschaft ein auf Ihre Chefin zuzugehen, wenn diese sich auf Sie zubewegt?“

Die Bereitschaft des Teams war da, einem Workshop zum Thema Zusammenarbeit mit der Chefin zuzustimmen, wenn diese auch bereit ist ihre eigenen Beiträge offen zu diskutieren.

Mit der Chefin arbeitete ich ähnlich und auch sie war nach ca. 4 Stunden Gespräch offen für einem Workshop mit dem Team. Sie fragte auch nach einem persönlichen Coaching an, da während des Gesprächs die Hypothese entstand, dass ihre Kommunikationsbeiträge im Bereich eher etwas mit ihrem „Heimat System“ zu tun haben.

Schon vor dem Workshop, so wurde mir erzählt, verbesserte sich die Wahrnehmung der Stimmung und das Kommunikationsverhalten von beiden Seiten. Auf dem Gang wurde wieder gegrüßt. Man schaute sich wieder in die Augen und es wurde wieder miteinander über Aufgaben und Inhalte gesprochen. Der Fokus der Aufmerksamkeit (von Problemen ?  zu Neugierde, Interesse?) war nun ein anderer. Kommunikation (Information, Mitteilung und Verstehen) und Handlungen im System haben sich durch das System verändert.

In dem Workshop ging es zu Beginn um die Erarbeitung der Ziele und Erwartungen an den Workshop. Natürlich ging es auch um die Besprechung von Begebenheiten aus der Vergangenheit. Dies war für manche Teilnehmer des Workshops nicht leicht. Beide Seiten empfanden diesen Schritt als sehr hilfreich, um daraus zu lernen und auch abzuleiten was in der Zukunft ein besseres Denk- und Verhaltensmuster ist.

Es entwickelte sich durch den Workshop die Erkenntnis, dass es jeweils einen Unterschied zwischen Absicht und Wirkung in der Kommunikation und in den Handlungen gibt. Es entwickelte sich weiter die erlebte Erkenntnis, dass Kommunikation und Handlungen zwischen ihnen geschieht und das beide Seiten verantwortlich für das Ergebnis ihrer Kommunikation sind. Körperhaltung und Offenheit in der Kommunikation drückten eine Verbesserung in der Zusammenarbeit klar aus. Anonyme Skalierungsfragen nach dem bekannten Muster dokumentierten es: „Wie schätzen Sie die Ergebnisse des Workshops im Hinblick auf Ihre Zusammenarbeit ein (0-10: 0=oberflächlich, 10=sehr gut; substantiell)? Wie sehen Sie Ihr persönliches Engagement sich für die neuen Ziele und Zusammenarbeit einzusetzen, auch wenn es Rückschläge in der Zusammenarbeit gibt?“

Es wurden Vereinbarungen über die Art und Weise der Kommunikation miteinander beschlossen sowie regelmäßiger miteinander zu sprechen. Dort sollen neben den fachlichen auch überfachliche Themen Raum haben.

Beide Seiten wollen genauer auf die Ergebnisse ihrer Kommunikation achten sowie bei Abweichungen von Vereinbarungen verantwortlich aufeinander zu gehen und daran erinnern. Missverständnisse und damit Abweichungen sind wahrscheinlich. Es macht Sinn damit zu rechnen und diese als Erinnerungshelfer zu definieren.

Nach 6 Wochen findet ein weiterer moderierter Workshop statt, um Erfahrungen über die letzen Wochen auszutauschen. Das Einzel Coaching mit der Bereichsleitung findet weiter alle 3-4 Wochen für jeweils 4 Stunden statt, um die Rolle als Führungskraft zu reflektieren und zu optimieren.

Kommunikation bestimmt in Unternehmen die Qualität der Unternehmensergebnisse. Im beschriebenen Beispiel war die Qualität der Kommunikation sichtbar geworden indem sie explizit gemacht wurde. Was passiert da, wo dies nicht gemacht wird oder gesehen werden will?

Die Qualität der Kommunikation kann in jedem Unternehmen optimiert werden. Dazu muss sie in irgendeiner Weise sichtbar gemacht, bzw. gemessen werden. Diese explizite Anregung, verdanke ich auch einen Vortrag von Herrn Peter Schlötter zum Thema Wissensmanagement. Die Ergebnisse der „Messung“ sind dann Ausgangspunkt für ein Gespräch zur aktiven Qualitätssicherung der Kommunikation. Kommunikation ist nicht einseitig eine Sache des Managements sondern alle im Unternehmen sind gleichermaßen verantwortlich für die Ergebnisse.

Klar ist, dass dies ein kontinuierliches Projekt sein muss. Wie kann gemessen werden? Mit einfachen Skalierungsfragen wie z.B.: „Wie geht es Ihnen hier?“ bis hinzu differenzierteren Fragen nach Stimmungen, Unternehmensstrategie, Image, etc.. Die Lösung von HR-Meter, Metrix Teamqualität, geht auch in diese Richtung. Strukturaufstellungen sind eine weitere Möglichkeit die Qualität von Kommunikation sichtbar zu machen.

Der entscheidende Prozess beginnt jedoch mit der unternehmerischen Entscheidung kontinuierlich an der Qualität der Kommunikation und damit der Qualität der Unternehmensergebnisse zu arbeiten. Externe Prozess Berater können diesen Prozess wirkungsvoll unterstützen. Stichworte: „Blinde Flecken“ und ergebnisoffen in der Moderation. (Author: Christoph Schlachte, Coach DBVC, www.systemische-unternehmensberatung-und-coaching.de)

Friday, January 30, 2009

Coaching: Wie man den Fokus nicht verliert

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Wenn ich so an die Begegnungen mit erfolgreichen und dynamischen Berufskollegen denke, dann entsteht bei mir oft der Eindruck, Sie könnten dreimal mehr Projekte managen, als wir Übrigen. Das scheint mir immer genau so lange sehr viel, bis ich einen von ihnen wieder in einem persönlichen Coaching sitzen habe und mir die Dinge genauer anschauen kann. Da finde ich dann in Feedback Dokumenten Aussagen zu dieser Person mit niedrigen Werten in Statements, wie diesen: “you stay focused“ oder „you always work on the right tasks“ oder „you deliver what you have promised“ uvm. Dann liegt mir natürlich sofort auf der Zunge, zu sagen „Also, jetzt setzen Sie doch einfach mal Prioritäten und bleiben dann dabei!” Leider ist man weder der Erste, der dies auf diese Weise versucht, noch derjenige, der damit Erfolg haben könnte. Dieser Tipp gewinnt ihnen keinen Blumentopf, weder in der Kategorie Originalität noch in Nützlichkeit.
Vielleicht steckt aber auch hinter dieser „oberflächlich dynamischen Fassade“ eine Gewohnheit der Prioritätensetzung in anderen Lebensbereichen, die auf die alltäglichen Arbeitsmuster übergreift? Das Ergebnis einer Perspektive-Analyse, die diese Hypothese stützen würde, kann so aussehen, wie im Bild.

Das war aber neulich nicht der Fall. Ich hatte dann mit einer schlichten Idee in Anknüpfung an die so genannte paradoxe Verschreibung Erfolg. Ich hab meinem Coachee einfach gesagt, er solle doch ein Projekt pro Woche zur Seite legen, und sich immer wieder vergegenwärtigen, dass es darin diese Woche weder was zu tun noch zu erreichen gäbe… Ich habe mir sagen lassen, dass die Methode Wirkung zeigte, und zwar folgende: Der Hang zum Chaos würde gebremst werden, man würde automatisch sein Augenmerk auf die verbleibenden Prioritäten setzen und das helfe einem, den Fokus nicht zu verlieren. Hoffentlich! (Author: CDK, München).



Thursday, January 29, 2009

360 Grad Feedback Projekte in der Praxis - Zusammenfassung empirischer Ergebnisse

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Die Stichprobe (N=35) weist eine gute Branchenverteilung auf. Sie besteht zu 26% aus Unternehmen mit mehr als 5000 Mitarbeitern und zu 35% mit weniger als 1000 Mitarbeitern. Im Schnitt setzen die Befragten ein 360 Grad Feedback bereits seit 4 Jahren in ihrem Unternehmen ein - und das meist einmal im Jahr.

Das Procedere: 67% der Fokuspersonen dieser Feedbacks sind Führungskräfte, 58% Mitarbeiter. In den meisten Fällen wird es vorgezogen, bestimmten Ebenen insgesamt ein Feedback anzubieten, statt nur bestimmte Mitarbeiter anzusprechen, mit Ausnahme von High Potentials (50%). Die Ergebnisse der Frage, wie viele Fremdbeurteilungen im Schnitt für das Feedback einer Fokusperson eingeholt werden, sind breit gefächert: Über 33%

ziehen mehr als 8 Fremdbeurteilungen heran, ca. 30% ziehen zwischen 4 und 7 heran und in 28% der Fälle besteht ein Feedback nur aus 1 bis 3 Fremdbeurteilungen. Das entspricht der Hypothese, dass wenn    über 360 Grad Feedback gesprochen wird, häufig nur einfache Feedbacks gemeint sind, in denen nicht aus 360 Grad von Ratergruppen Feedbacks eingeholt werden, sondern aus einem „360 Grad Blickwinkel“ von wenigen Feedback über eine Person erzeugt werden soll. Im Detail sieht das folgendermaßen aus:

  • Es werden zu 62% Beurteilungen von einem Vorgesetzten eingeholt; 22% holen 2 oder 3 ein und wenige mehr als 5 (6% verzichten ganz darauf)
  • In 33% der Fälle werden 3 Kollegenbeurteilungen eingeholt; 23% holen 4 oder 5 ein und 10% mehr als 5 (17% verzichten ganz darauf)
  • In 39% der Fälle werden 3 Mitarbeiterbeurteilungen eingeholt, 21% holen 4 oder 5 ein und 14% mehr als 5 (11% verzichten ganz darauf)
  • In 34% der Fälle werden zwischen 1 und 3 externe Beurteilungen eingeholt,  in 24% der Fälle werden zwischen 4 und über 5 externe Beurteilungen eingeholt (42% verzichten jedoch ganz darauf)

Über die Gruppen von großen und kleinen Unternehmen gemittelt erhalten durchschnittlich 30 Mitarbeiter ein systematisches Feedback. In 44% der Fälle betrifft das eine gesamte Ebene. Meist werden bestimmte Kreise definiert oder eine bestimmte Hierarchiestufe, ab der ein 360 Grad Feedback möglich ist. Allein auf Wunsch des Mitarbeiters ein Feedback zu erhalten, ist in nur 11% der Fälle möglich. Auch werden in nur 8% der Fälle bestimmte Mitarbeiter von Vorgesetzten oder der Personalabteilung avisiert, um ein Feedback zu erhalten und von einer gezielten Förderung Gebrauch zu machen.

Das Feedback Instrument: Über zwei Drittel (69%) aller Befragten geben an, dass sie die Dimensionen eines Feedback Instrumentes an einem internen Führungsleitbild orientieren. Man kann davon ausgehen, dass es sich dabei um inhaltlich und sprachlich angepasste Fragen handelt, die den Zielen, Werten und Verhaltensweisen entsprechen, die im Unternehmen „gelebt“ werden. Das korreliert mit der Bevorzugung von verhaltensorientierten Kriterien und Fragen (69%) des Instruments. Nur 31% geben an, eigenschaftsorientierte Kriterien und Fragen zu verwenden. Auch die methodisch nicht ungeschickte, jedoch oft bei den Anwendern Verwirrung stiftende bipolare Skalierung (verschiedene Kriterien werden den Skalenpolen zugeordnet) wird nur in 14% der Fälle eingesetzt. Ohne Skalierung wird in 14% der Fälle gearbeitet, jedoch kommen in 81% der Fälle Texteingabefelder bzw. Möglichkeiten zur freien Formulierung von Feedback zum Einsatz.

Üblicher Projektablauf: Der häufigste Weg der Kommunikation über 360 Grad Feedbacks an die Mitarbeiter führt über die Personalabteilung bzw. Personalentwicklung (47%). In 39% der Fälle geht die Kommunikation auf die Vorgesetzten zurück. Ähnlich hoch ist die Fallzahl an Schulungen, aus denen sich die wichtigsten Informationen zur Teilnahme an einem systematischen Feedback ergeben. 25% der Fälle veranstalten einen Workshop zum Thema. Daneben sind natürlich die Instruktionen, die im Feedback Instrument (47%) selbst bzw. in der Einladung zur Teilnahme enthalten sind, eine häufig genutzte Informationsquelle. Es geben zwei Drittel der Befragten ferner an, mit externen Beratern im Rahmen eines 360 Grad Feedbacks in bestimmten Phasen zu arbeiten. Am häufigsten wurden dabei folgende Phasen genannt:

  • Konzeption
  • Entwicklung des Instruments
  • Datensammlung- und Aufbereitung

An der Festlegung der Dimensionen des Feedbacks sind allerdings noch in 19% der Fälle externe Berater beteiligt. Auffallend ist demgegenüber, dass in 22% der Fälle die individuelle Ergebnisbesprechung externen Beratern übertragen wird. Ähnlich verhält es sich mit dem nachfolgenden Coaching Angebot, das zu 19 % externen Beratern übertragen wird. Allerdings ist in diesem Ergebnis nicht abzuschätzen, in wie vielen Fällen überhaupt Coachings angeboten werden. Das Gesamtbild ist jedoch plausibel, da externe Berater, die ein Tool zum Einsatz anbieten, mit diesem auch besonders vertraut sind. Vielfach bietet es sich dann auch an, ihnen die Ergebnisbesprechung zu überlassen und eventuell mit Kurz-Coachings zusammen zu legen. 

Maßnahmen der Qualitätssicherung: Neben der Schulung über Inhalt und Zweck eines 360 Grad Feedbacks ist es wichtig, einige Schritte der Qualitätssicherung einzuhalten. Sie dienen dazu, die Ergebnisqualität und die Akzeptanz eines Feedback Instruments zu steigern. Die wichtigsten, zu denen auch empirische Daten vorliegen, seinen hier kurz skizziert:

  • Mitarbeiter, die Beurteilungen im Rahmen von Feedbacks abgeben, müssen mit den Fokuspersonen auch direkt zusammenarbeiten, damit sie genügend Interaktionen vor Augen haben, auf die sie ihre Einschätzungen beziehen können. Dieses Kriterium wird in 58% der Fälle angewendet.
  • Mitarbeiter sollten aus persönlichen Gründen oder aus zuvor genanntem Grund eine Aufforderung zur Beurteilung einer Fokusperson ablehnen können. Dieses Kriterium wird in 50% der Fälle angewendet.
  • Mitarbeiter, die die Beurteilung einer Fokusperson vorhaben, sollten daran erinnert werden, dass ein faires Feedback mit möglichst vielen korrekten Werten die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Fokusperson zur eigenen Weiterentwicklung motiviert wird. Dieses Kriterium wird in 42% der Fälle angewendet.
  • Mitarbeiter sollten genaue Informationen darüber erhalten, mit welchen Personen die Leistung der zu beurteilenden Person zu vergleichen ist. Idealerweise sollten die Rater in der Lage sein, sich zu dieser Gruppe eine Art Normalverteilung der Leistungen vorzustellen. Obwohl dies eines der wichtigsten methodischen Kriterien ist, wird es nur in 22% der Fälle angewendet.

Ergebnisdarstellung: Eine übersichtliche und intuitiv verständliche Darstellung der Ergebnisse ist für den direkten Erfolg von 360 Grad Feedbacks enorm wichtig. Aus den Antworthäufigkeiten der Befragungsdaten lässt sich eine Rangordnung über die in der Praxis gängigen Darstellungsformen bilden:

    1. Die Ergebnisse sind auf die ursprünglichen Fragen zurückführbar (72%)
    2. Die Ratergruppen sind gesondert ausgewiesen (67%)
    3. Im Fall eines Vorgesetztenratings ist dies gesondert ausgewiesen (64%)
    4. Die Ergebnisse sind handlungsorientiert, sodass Teilnehmer Verbesserungs-vorschläge ihres Verhaltens aus den Daten direkt erlesen oder ableiten können (58%). Das Wichtigste ist auf maximal 3 Seiten zusammengefasst (58%). Die Abweichungswerte (Standardabweichung oder Streubreite) sind ausgewiesen (58%)
    5. Gruppenbezogene Benchmarks sind integriert (36%)
    6. Organisationale Benchmarks sind integriert (28%). Auf Messfehlern beruhende Toleranzbereiche sind ausgewiesen (28%)

Die Ergebnisse der Feedbacks werden, laut einer gezielten Nachfrage, meist von externen „Projektleitern“  in vertraulicher Form bekannt gegeben (28%). 22% erhalten ihre Ergebnisse durch schlichte Zusendung. In 19% der Fälle nimmt sich der Vorgesetzte Zeit für ein vertrauliches Gespräch über die Ergebnisse seines Mitarbeiters. 17% erhalten ihre Ergebnisse in einem Gespräch, das von Seiten der Personalabteilung geführt wird, und 8% innerhalb eines Workshops - mit der Gefahr, dass personenbezogene Ergebnisse in einem Forum thematisiert werden, für das sie nicht direkt geschaffen sind.

Ergebnisverwendung: Die Konsequenzen eines 360 Grad Feedbacks sind zunächst einmal begrenzt auf die Entwicklungsimpulse, die die Fokuspersonen durch ihre Ergebnisse erhalten. Sie sind eingangs als Ziele ersten Grades definiert worden. In der Befragung sind diese jedoch nicht eigens thematisiert worden. Der Schwerpunkt lag eher auf den Zielen dritten Grades, d.h. den Konsequenzen, die von Unternehmensseite im Rahmen administrativer Tätigkeiten der Personalabteilung und durch Vorgesetzte und Entscheidungsträger ausgeführt werden. Es wurde zum einen gefragt, welche administrativen Konsequenzen in der Personalabteilung gezogen werden, und zum anderen, welche dieser Informationen den Fokuspersonen auch mitgeteilt werden. Die Kriterien steigern sich dabei in der vermuteten Bedeutung, die sie für die Fokusperson haben.

Teilnahmenotiz in der Personalakte:

  • 14% Information der Personalabteilung
  • 11% Information an Fokuspersonen
Ergebnisnotiy in der Personalakte:
  • 19% Information der Personalabteilung
  • 11% Information an Fokuspersonen
Führungsempfehlungen für den Vorgesetzten:
  • 47% Information der Personalabteilung
  • 28% Information an Fokuspersonen
Integration der Ergebnisse in Zielvereinbarungen:
  • 42% Information der Personalabteilung
  • 33% Information an Fokuspersonen
Festlegung eines Bonusanteiles:
  • 8% Information der Personalabteilung
  • 6% Information an Fokuspersonen
Entscheidungen über Entwicklungsperspektiven:
  • 39% Information der Personalabteilung
  • keine Angaben

Es ist unschwer erkennbar, dass eine Menge Informationen, die sich aus einem 360 Grad Feedback ergeben, in der Personalabteilung „hängen“ bleiben und nicht der Fokusperson mitgeteilt werden. Für den Fall, dass dies allen Teilnehmern bekannt ist, kann man annehmen, dass sie dem Procedere zustimmen. Allerdings birgt diese Informations-asymmetrie Sprengstoff. Sie entspricht auch nicht dem Wesen eines 360 Grad Feedback, das als Methode die eindeutige Kommunikation von Ergebnissen aufgrund anonymer Beiträge ermöglicht. Es offenbart sich jedoch ein Problem, das sich eher auf die Interpretation und Verarbeitung der Feedbackergebnisse bezieht: Es werden Konsequenzen gezogen, die weit über die Reichweite von Feedbackergebnissen hinausgehen. Es wurde an anderer Stelle bereits festgestellt, dass auf der Basis von Feedback-Werten oft falsche Interpretationen entstehen, obwohl den meisten bekannt ist, dass Feedback-Instrumente in Messgenauigkeit und Validität limitiert sind. Es ist daher nicht überraschend, dass in einer Folgefrage 58% der Befragten angeben, Schlüsse über die Persönlichkeit der Teilnehmer zu ziehen. Das sind zudem mehr, als zu erwarten gewesen wären, da nur 31% angegeben hatten, überhaupt Eigenschaften in Feedbacks zu messen. Immerhin geben viele an, dass sie nur solche Schlüsse ziehen, deren Konsequenzen sich nicht nur auf die Fokusperson beziehen und damit eher zulässig sind:

  • Zum einen die Vermutung über Verbesserungsmöglichkeiten hin zu einem reibungslosen Zusammenarbeiten (geäußert von 61% der Befragten);
  • und zum anderen ergeben sich Schlüsse für die Führung von Mitarbeitern (geäußert von 67% der Befragten).

Des Weiteren geben 53% der Befragten an, Schlüsse über potenzielle Beförderungen zu ziehen, und 42% denken über organisationale Veränderungen nach. Nur 25% der Befragten geben an, dass sie Schlüsse über die Produktivität von Fokuspersonen ziehen; und nur 17% geben an, dass sie Schlüsse über notwendige Veränderungen von Zielvereinbarungen ziehen. Diese Arten der Konsequenz sind jedoch fallweise zu betrachten. Sie sind stark abhängig davon, ob Fragen auf die tatsächliche Arbeit und die Ziele einer Fokusperson zugeschnitten sind. In diesen Kriterien steckt eine Menge Arbeit, die oft mit dem Einsatz eines Standardinstrumentes nicht geleistet werden kann.

In 56% der Fälle bekommen Fokuspersonen, die ein schlechtes Feedback erhalten haben, ein Coaching Angebot oder eine alternatives Angebot. Schlechtes Feedback wird in fast der Hälfte der Fälle zum Anlass genommen, mit der Person selber oder/und ein Gespräch mit der Person und dem Vorgesetzten herbeizuführen.

Werttendenzen und statistische Ergebnisse: Ein grundlegendes Problem von 360 Grad Feedbacks ist, dass in Messwerten schwer abzuschätzen ist, wie viel falsches Lob aus strategischen Gründen gegeben wird.


Richtung der Fremdbeurteilung = „nach oben“ (Feedback für Vorgesetzte)

  • Relativ genau (%): 44
  • Zu positiv (%): 24
  • Zu negativ (%): 0

Richtung der Fremdbeurteilung = „unter Kollegen“ (Feedback für Kollegen) 
  • Relativ genau (%): 36
  • Zu positiv (%): 31
  • Zu negativ (%): 3

Richtung der Fremdbeurteilung =  „nach unten“ (Feedback für Mitarbeiter)
  • Relativ genau (%): 36
  • Zu positiv (%): 22
  • Zu negativ (%): 0

Richtung der Fremdbeurteilung = „von außen“ (Feedback von Externen)

  • Relativ genau (%): 33
  • Zu positiv (%): 8
  • Zu negativ (%): 8


Es zeigt sich, dass in den hierarchisch sensiblen Wegen der Beurteilung kaum negative Werttendenzen zu finden sind. Allerdings wurde in der Befragung nur nach „allgemeinen Erfahrungen“ gefragt und nicht nach Statistiken. Ein anderes Bild ergibt sich bei den Selbstbewertungen und deren Übereinstimmung mit Fremdbewertungen. Insgesamt geben nur 6% der Befragten an, dass in den Gesamtbewertungen eine Überschätzung der Fokuspersonen eintritt. 56% geben an, dass Selbsteinschätzungen mit Fremdein-schätzungen ungefähr übereinstimmen. Und 14% geben an, dass die Selbsteinschätzungen ihrer Erfahrung nach meist kritischer ausfallen. Fragt man getrennt nach den Ergebnissen der Ratergruppen, ergeben sich interessante Details:

 Selbstbewertungen  im Vergleich zu *

 Relativ genau (%)

 Zu positiv (%)

 Zu negativ (%)

*Vorgesetzten

33

11

28

*Kollegen

36

8

28

*Mitarbeiter

17

28

25

*Externen

22

19

6

Einer Hierarchie entsprechend existiert im Schnitt „nach oben“ mehr Vorsicht als „nach unten“. Der „Lob-Effekt“ sollte insgesamt als allgemeiner Effekt in systematischen Feedbacks einkalkuliert werden. Dazu kommt, dass erfahrene Teilnehmer wissen, dass Bescheidenheit in der Einschätzung der eigenen Leistungen besser ankommt als eine durch Fremdein-schätzungen entlarvte Selbstüberschätzung.

Akzeptanz von 360 Grad Feedbacks: Eine allgemein herrschende Akzeptanz haben alle Befragten bestätigt. Sie geht von Führungskräften sogar noch häufiger aus als von Mitarbeitern. Das spiegelt sich auch darin, dass die meisten Fokuspersonen laut Angaben der Befragten mit ihren Ergebnissen zufrieden (47%) oder sehr zufrieden (31%) sind. Es konnte ferner eine eindeutige Korrelation zwischen dem vermuteten Image des Unternehmens als Arbeitgeber und der Akzeptanz des Feedbacks bei Führungskräften und Mitarbeitern festgestellt werden.