Friday, June 5, 2009

Das Problem richtig angehen

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Es gab einen Punkt in meiner Karriere, an dem mir die Führung eines Beraterteams übertragen wurde. Ich war sehr erfreut darüber, dieses Team leiten zu dürfen, das hauptsächlich aus erfahrenen Veteranen bestand, die sich in ihrem Job besser auskannten als ich. Mit einer Ausnahme: „Jane“. Sie war seit über 20 Jahren in Ihrer Position und ich konnte aus den Berichten über ihre Beratungstätigkeiten ersehen, dass sie ihre Aufgaben auch immer noch genauso wie zu jener Zeit erledigte. Die Korrektur ihrer Berichte kostete mich einige Zeit und Rotstifte, bevor ich das Ergebnis den Kunden vorlegen konnte. Auf der anderen Seite war sie jedoch eine zuverlässige Mitarbeiterin, liebenswürdig im Umgang und beliebt bei den Kunden. Ich mochte sie wirklich gern. Dennoch konnte sie sich offensichtlich an die Veränderungen im Beruf nicht anpassen und hemmte dadurch unseren Erfolg.

Ihr vorheriger Vorgesetzter - mein Chef - hatte sie in Beurteilungen immer so durchkommen lassen. Daher wäre es die sichere Sache gewesen, die Angelegenheit zu ignorieren. Das Datum ihrer Leistungsbeurteilung rückte immer näher. Also musste ich in ihr Büro an die Ostküste und etwas unternehmen. Sollte ich der hartherzige Henker sein und sie einfach feuern? Wie würde sich das auf den Rest des Teams und dessen Meinung von mir auswirken? Ich könnte auch einfach die zusätzliche Zeit aufbringen, um ihre Berichte umzuschreiben. Wäre das jedoch den anderen und mir gegenüber fair? Sollte ich ihr Sondertraining anbieten und hoffen, dass sie damit 20 Jahre unterdurchschnittlicher Leistung wettmachen könnte. Ich wusste, dass das nicht gelingen würde. Was tun also?

Ich hatte keinen besseren Plan als ihr darzulegen, was meiner Meinung nach die Schwachstellen ihrer Leistung waren, und zu sehen, was passieren würde. Mit meinem üblich guten Sinn für Timing setzte ich den Zeitpunkt für die Konfrontation genau 2 Tage vor Thanksgiving an. Ich zeigte ihr ihre Berichtentwürfe der letzten Monate und erklärte ihr die Anmerkungen, die ich dazu gemacht hatte, und welche Probleme sich darin spiegelten. Jane sagte währenddessen kein Wort. „OK, was machen wir nun?“ fragte ich sie, als ich fertig war. „Soll ich so weitermachen und dir das Leben bis zur Rente schwer machen?“

Im Rückblick ist mir klar, was ich in dieser Situation richtig und falsch gemacht habe.
Gut war, dass ich mich entschieden hatte, etwas zu unternehmen, anstatt die Sache einfach zu ignorieren. Es wäre Jane, mir und dem Unternehmen gegenüber nicht fair gewesen, eine unakzeptable Leistung zu tolerieren. Außerdem hatte ich passende und objektive Kriterien aufgestellt, die „gute Leistung“ in diesem Beruf definierten, und Janes Nichterfüllung dieser dokumentiert, so dass sich dies nicht anzweifeln ließ.

Auf der anderen Seite hatte ich aber auch Fehler gemacht. Ich hatte keine Entscheidung darüber gefasst, was eigentlich geschehen sollte. Stattdessen hoffte ich auf einen positiven Ausgang, ohne zu wissen, was ich tun würde, wenn sich an der jetzigen Situation nichts änderte. Außerdem hatte ich angedeutet, dass Jane sich aus dem Beruf zurückziehen sollte. Das hätte mich in Teufels Küche bringen können, wenn sie es darauf angelegt hätte.
Zusätzlich konnte ich mich nicht von meinem emotionalen Bedürfnis distanzieren, mit dieser liebenswürdigen Person nett umzugehen. Also hatte ich einfach auf das Beste gehofft.
Was Jane denken mochte, davon hatte ich nicht die leiseste Ahnung. Ich hatte ihr nicht gesagt, was ihre Beurteilung beinhalten würde, sondern ihr nur die verbesserten Berichte gegeben.

Janes Reaktion? Sie sagte: „Ich habe schon eine ganze Weile über diese Situation nachgedacht. Ich habe keine Lust mehr, denselben alten Job zu machen, und außerdem jemanden kennengelernt. Wir spielen mit dem Gedanken zu heiraten. Daher würde ich gerne noch ein paar Monate arbeiten und mich dann aus dem Beruf zurückziehen. Würde sich das mit Deinen Überlegungen decken?"

Dies führt mich zu einer Checkliste, die man machen sollte, um solche Gespräche, von denen man sich wünschte, sie nie führen zu müssen, zu handhaben:

  1. Entscheiden Sie sich im Vorhinein für eine Lösung des Problems. Welches Ergebnis möchten Sie erzielen? Versuchen Sie dabei, sofern möglich, eine „win-win“ Situation anzustreben.
  2. Seien Sie gut vorbereitet und beschreiben Sie Fakten, nicht Gefühle. Was ist das Problem? Können Sie es unzweifelhaft belegen?
  3. Welche Gefühle haben Sie dabei? Sie sollten sich Ihrer Gefühlslage bewusst sein, um zu erkennen, ob Sie sich davon zu stark beeinflussen lassen.
  4. Was ist der Standpunkt des anderen? Können Sie das wissen oder herausfinden? Wie könnte das die Situation verändern?
  5. Legen Sie die Situation objektiv dar und vermeiden Sie persönliche Kritik. Sagen Sie z.B. „Deine Berichte entsprechen nicht dem Standard“ statt „Du bist nicht in der Lage, gute Berichte zu verfassen“.
  6. Erhalten Sie von dem Betroffenen eine klare Aussage darüber, wann und was im Anschluss geschehen soll, und verfolgen Sie dies auch.


Und Jane? – Glücklich verheiratet und aus dem Berufsleben zurückgezogen. Sie hat mich zu einem gemeinsamen Abendessen bei nächster Gelegenheit eingeladen.
(Autor: George Krafcisin, Mosaic Management Inc., http://www.mosaiccoaching.biz/)

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