Thursday, February 24, 2011

Transformationale Führung am Beispiel der Barack Obama Campaign for Change 2008 – oder: Wie holen Sie das Beste aus Ihrem Team?

Von Robert C. Summers

Wenn der Chef alles und jedes kontrolliert und bei jeder Entscheidung das letzte Wort behält, ist die Leistungsfähigkeit seines Teams zwangsläufig begrenzt. So Prof. Dr. Peter Kruse in seinen schon fast legendären „8 Regeln für den totalen Stillstand im Unternehmen“ . Unter total kontrollierten Bedingungen ist jede Entscheidung zwangsläufig immer nur so klug wie der Chef. Will eine Gruppe die natürliche Begrenztheit der Führungskraft überwinden, muss sie die Chance erhalten, Wege jenseits der Vorstellungskraft des Chefs zu beschreiten.

Mit dem Muster der transaktionalen Führung erreichen Sie das Ziel nicht. Die transaktionale Führung tendiert zwangsläufig dazu, Fehler kritisch zu beurteilen und die Vermeidung von Fehlern einzufordern. Diese Führungskultur behindert ein fruchtbares Lernen aus Fehlern. Behindert ein Fehler die Zielerreichung Ihres transaktional erteilten Auftrags lernt Ihr Mitarbeiter vor allem, Risiken tunlichst zu vermeiden. Gleichzeitig verfügen die mitleidenden Kollegen über eine weitere Mahnung, tunlichst vorgegebene Pfade nicht zu verlassen: „Wir wollen auf keinen Fall so vorgeführt werden!“. Im Extremfall erhalten Sie den legendären „Dienst nach Vorschrift“ und Ihre Mitarbeiter halten sich an das Credo: „Nur wenn wir uns strikt an die Vorgaben halten, fallen alle Mängel des Vorgehens auf die Führung zurück. Dafür ist er ja schließlich Chef geworden, damit er die Verantwortung trägt, oder etwa nicht?“

Wie kommen Sie also zu diesem Anderen? Wie erzeugen Sie diese kreative Kultur, in der Menschen bewusst das Risiko wagen, möglicherweise einen Holzweg zu beschreiten? Was können Sie tun, dass Fehlschläge laut und konstruktiv reflektiert werden und  dass gemeinsam fruchtbare Lehren aus Holzwegen gezogen werden? Leading by objectives hören wir häufig, ich gehe aber bewusst einen Schritt weiter und spreche von der transformationalen Führung.

Transformationale Führung bedeutet: Klare Zielvorgabe. Es gibt einen Leistungshorizont, einen Zeitraum, einen Termin, bis zu dem ein bestimmtes Ziel erreicht werden soll. Ihre Aufgabe als Führungskraft lautet: Motivation und Kommunikation, vor allem die stete Wiederholung der Zielformulierung. Sie müssen als Chef tunlichst darauf achten, was in Ihrer Gruppe von dieser Formulierung tatsächlich und in welcher Form verstanden wird. Die Beobachtung mit allen Sinnen rückt für Sie als zentrale Führungsaufgabe in den Vordergrund: Wie wirken meine Ziel- und Richtungsvorgaben? Ist das Team auf dem richtigen Kurs? Welche Zielformulierung muss ich konkretisieren? Sie überwachen die Einhaltung des Zielkorridors. Bei Bedarf variieren Sie Ihre Formulierung so, dass notwendige Konkretisierungen oder Korrekturen verstanden werden können.
In der transformationalen Führung machen Sie keine Vorgaben, wie ein Ziel konkret erreicht werden muss. Was nicht bedeutet, Sie dürften in der transformationalen Führung keine Vorschläge unterbreiten. Aus Ihren Vorschlägen muss aber klar ersichtlich werden, dass es Ihren Mitarbeitern obliegt, ob und wie der Vorschlag umgesetzt wird. Rechtliche Rahmenbedingungen, Richtlinien der Unternehmen sowie Codes of Conduct oder Ähnliches müssen natürlich beachtet werden.
Was bedeutet transformationale Führung in der täglichen Anwendung? Was bedeutet der Unterschied zwischen einem Arbeitsauftrag, der in Ausführungsform und Inhalt genau befolgt werden muss und einem Vorschlag, den eine Führungskraft anbietet?

In erster Linie das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters. Im Grunde geht es um Ihre innere Haltung als Chef. Ihre Haltung darf keinen Zweifel an Ihrem Respekt gegenüber Ihren Mitarbeitern aufkommen lassen. Natürlich kommt es immer wieder vor, dass Sie es besser wissen. Die Frage, ob der Chef es weiß, sollte zweitrangig sein. Stellen Sie lieber die Frage, welche Möglichkeiten der Mitarbeiter sieht, seine eigene Lösung für die Aufgabe zu finden. Was soll ein Mensch schon auf die Frage „Warum machst Du es nicht so und so“ antworten? Soll er sich dafür rechtfertigen, dass er es nicht wusste? Stattdessen sollten Sie als Chef Kreativität anregen. Zum Beispiel mit der bewusst offenen Frage: „Was möchtest Du als erstes ausprobieren?“ Wenn der Mitarbeiter sich ernst genommen fühlt durch Ihre authentische Neugier, wenn er den Mut hat zur Offenheit hat, wird er eine Lösung vorschlagen.

Nun die zweite Falle. Wir urteilen sehr gerne. Und wir urteilen gerne schnell. Urteilen Sie nicht! Stattdessen die Frage: „Was wird passieren, wenn wir diesen Weg gehen?“. Mit offenen Fragen wenden wir uns den Möglichkeiten eines Vorschlags zu, den guten wie den schlechten. Letztlich sollte der Mitarbeiter in der Lage sein, die guten Antworten von den schlechten zu unterscheiden.
Transformationale Führung basiert vor allem auf Vertrauen. Es basiert auf dem Vertrauen in die Mitarbeiter, die über genügend Wissen und Vorstellungskraft verfügen um eine gute Lösung zu finden. Sie als Chef leiten an zum Finden von Lösungen. Nehmen Sie Abschied von der Idee, alle Antworten selbst zu finden und vorzugeben.

Weitere wichtige Merkmale der transformationalen Führung sind: Partizipation und Befähigung, also die Ausstattung mit den erforderlichen Kompetenzen. Partizipation bedeutet, alle Mitarbeiter im Team teilhaben lassen an allen Informationen die das Team oder die Gruppe betreffen. Besonders wichtig: Transformationale Führung erfordert Mut: Von Ihnen und Ihren Mitarbeitern. Ist das Klima von Respekt und gegenwärtiger Wertschätzung geprägt, entwickelt sich der Mut zur Offenheit um auch Neuland zu betreten. Viele Lösungen werden denkbar, die Sie sich eingangs nicht vorstellen konnten. Noch weitere Aspekte fordern Ihren Mut als Chef: In dem Sie zumindest teilweise auf Entscheidungs- und Problemlösungshoheit verzichten, entsteht vordergründig der Eindruck der Ersetzbarkeit. Zudem müssen Sie bereit sein, die volle Schwankungsbreite im Lösungsfindungsprozess auszuhalten – oft auch entgegen Ihren persönlichen Überzeugungen.

Aber der Weg lohnt sich: Im Zuge Ihrer transformationalen Führung erwächst für Sie eine neue Form der Autorität: Sie verantworten einen äußerst spannenden Prozess und sorgen damit für eine neue Dynamik, hohe Zufriedenheit und Identifikation Ihrer Mitarbeiter mit dem Team und der Aufgabe. Am Ende geht das Team für Sie durchs Feuer!

Eines der herausragenden Beispiele für die erfolgreiche Implementierung des transformationalen Gedankens ist die Wahlkampforganisation von Barack Obama. Als Barack Obama am 4. November 2008 zum 44. Präsidenten der USA gewählt wurde, ist dies vor allem ein Erfolg seines Teams und die konsequente Umsetzung der drei Führungsprinzipien Respect!, Empower!, Include!

Die Obama Campaign for Change hatte im Zeitraum Herbst 2007 bis November 2008 geschätzte 6 Millionen Freiwillige mobilisiert und über 650 Millionen US-Dollar an Spenden eingetrieben. Neben der Höhe des Spendenbetrags ist besonders bemerkenswert, dass die Hälfte der Spenden in Einzelspenden von maximal 250 Dollar je Spende bezahlt wurde. Das ist einsamer Spitzenrekord. Noch nie wurde soviel von so vielen Bürgern für eine politische Kampagne gespendet.
Wie sah die Mobilisierung der Freiwilligen in der Praxis aus? „It’s not about me. It’s about you!“, rief Obama seinen Unterstützern zu. Er forderte die Menschen auf, sich für die politischen Themen zu engagieren, die ihnen am Herzen lagen. Er überließ es dabei jedem einzelnen, in welcher Form er sich engagieren wollte: Am Telefon, in der Überlassung eines Wohnzimmers oder einer Küche für die anderen Engagierten, im Dialog an Tausenden von Haustüren, beim Kuchen backen oder Kuchen verkaufen, als Vor-Ort-Organisatoren (Field Organizers), als Ordnungskräfte bei öffentlichen Versammlungen. Jeder war in der Lage genau das einzubringen, worin er oder sie gut war und was er oder sie gerade gut erübrigen konnten.

Der Entfaltungsrahmen in Unternehmen ist zwangsläufig enger als in einer klassischen Grass-Roots-Bewegung im politischen Prozess. Und dennoch ist die Analogie einfach und offensichtlich: Menschen arbeiten vor allem dann mit hoher intrinsischer Motivation, wenn man an sie und ihre Leistungsfähigkeit glaubt und wenn man ihnen den Rahmen gibt, sich entsprechend ihrer Möglichkeiten zu entfalten.

An den Menschen und seine Fähigkeiten glauben beziehungsweise vertrauen drückt sich aus im Imperativ „Respect!“ Den Rahmen zur Entfaltung geben wird gelebt durch Empower! Die Identifikation mit dem gemeinsamen Ziel und das Gefühl im Team willkommen zu sein, lebt vom „Include!“

Transformationale Führung ist Ausdruck weniger von Taten als viel mehr von Haltung. Wenn wir das Ziel verfolgen, best mögliche Lösungen zu unseren Herausforderungen zu finden, profitieren wir von motivierten Kollegen, die sich willkommen fühlen bei der Lösung der gemeinsamen Aufgabe und der Mobilisierung des gesamten Potentials, das den Freiraum zur Entfaltung erhält.
Wollen Sie mehr darüber erfahren, wie Sie zu Ihrem persönlichen Stil finden und Ihre Mitarbeiter besser führen? Sprechen Sie mich an!

Thursday, October 28, 2010

Neue Studie vom MIT: "Collective Intelligence" sagt vorher, wann Gruppenarbeit erfolgreich ist

Prof. Malone wirft ein neues Licht auf das Thema Teamwork im Arbeitsalltag. So hat er herausgefunden, dass Teams mit einer die Interaktionen dominierenden Person weniger leistungsstark sind. Dagegen steigt die "kollektive Intelligenz", wenn mehr Frauen im Team sind.

Mehr dazu in unserem internationalen Blog HR-Worldview mit dem Titel "When the whole is greater than the sum of its parts: The intrinsic benefits of Group Think"

Wie man Teamleistung messen kann?


Tuesday, October 12, 2010

Was Trainer antreibt: „Klebstoff“ und „Sprengstoff“ der eigenen Motivstruktur im Berufskontext

von Markus Brand

Das Reiss Profile ist ein Instrument, um die individuellen Werte und Bedürfnisse eines Menschen sicht- und nutzbar zu machen. Das Kölner Institut für Lebensmotive hat die Ausprägungen der 16 Lebensmotive von über 100 Trainerinnen und Trainer, die auch als Coach arbeiten, mit dem Reiss Profile analysiert. Dabei wurden signifikante Besonderheiten in der Motivstruktur dieser Berufsgruppe ans Licht gebracht:

· Hohe Ausprägung des Motivs „Macht“: Ein durchschnittlicher Trainer strebt überdurchschnittlich nach Erfolg, Leistung, Führung und Einfluss. Er lebt sein Machtmotiv im Berufskontext aus, indem er z. B. schnelle Entscheidungen trifft und Tagesabläufe definiert.

· Hohe Ausprägung des Motivs „Neugier“: Ein typischer Trainer ist wissbegierig – für ihn ist Lernen des Lernens wegen bereits ein Zufriedenheitsgarant.

· Hohe Ausprägung des Motivs „Status“: Trainer glauben, etwas Besonderes zu sein. Neben materiellem Status ist auch der Wunsch nach immateriellem Status in der Position des Trainers gut zu erfüllen, da er häufig im Mittelpunkt steht.

· Hohe Ausprägung des Motivs „Anerkennung“: Bewunderung und Respekt sind eine wichtige Motivation auf dem Weg zu Bestleistungen. Der durchschnittliche Trainer zieht sein Selbstbild stark aus dem Feedback seiner Teilnehmer und Kunden.

· Geringe Ausprägung des Motivs „Sparen/Sammeln“: „Sparen sollen die anderen“, sagt sich der durchschnittliche Trainer. Er ist großzügig im Umgang mit Materiellem und macht gerne Geschenke.

· Geringe Ausprägung des Motivs „Ehre“: Ein Trainer ist im Durchschnitt deutlich ziel- und zweckorientiert. Diese Motivausprägung ermöglicht eine hohe situative Flexibilität.

· Geringe Ausprägung des Motivs „Familie“: „Schatz, hab Verständnis – ich bin Trainer!“ Der durchschnittliche Trainer ist eher partnerschaftlich als fürsorglich. Das passt gut in sein Arbeitskonzept, da z. B. Arbeitszeiten am Wochenende eine konstante Umsorgung der Familie nur schwer zulassen.

· Geringe Ausprägung des Motivs „emotionale Ruhe“: Ein typischer Trainer ist wenig ängstlich, sondern eher stressrobust. Das ist eine gute Voraussetzung für die vielen Unwägbarkeiten im Leben eines Trainers.
Jede Motivausprägung kann also als „Klebstoff“ die empfundene Motivation für den eigenen Beruf stärken. Auf der anderen Seite birgt jedes Motiv auch möglichen „Sprengstoff“ für die berufliche Zufriedenheit und Erfolg. So kann eine hohe Macht-Motivation vor allem in einem Coaching-Prozess im Wege stehen. Ein Coach soll im eigentlichen Sinne nur begleiten und als Sparringspartner unterstützen, also non-direktiv führen. Menschen mit einem hohen Machtmotiv haben aber das Verlangen, direkt Einfluss zu nehmen. Personen, die in beiden Rollen unterwegs sind, sollten dies im Auge behalten und ihr Machtstreben bewusst reflektieren. Coaching ist schließlich kein Training unter vier Augen! (Autor: Markus Brand, Institut für Lebensmotive)

Tuesday, September 28, 2010

10 Thesen zur MEconomy


von Markus Albers

1) Tradierte biografische Routinen und Eckdaten der Lebensplanung wie Festanstellung, sichere Rente, 9-to-5-Arbeitstag oder klassische Ausbildung verlieren zunehmend an Wert. Immer mehr von dem, was die Existenz unserer Eltern noch überschaubar machte, ist für die Generation der unter 40-Jährigen bestenfalls von sentimentalem Wert.

2) Viele der Jungen stehen klassischen staatlichen Strukturen reserviert gegenüber, nehmen Sicherheitsversprechen im Zeitalter der Globalisierung nicht mehr für bare Münze. Sie setzen stärker auf Eigeninitiative und Unternehmertum denn auf klassische Karrierewege. Wenn die Sozialstandards langfristig nicht zu halten sind – so die Devise –, dann will ich wenigstens Freiheit haben.

3) Arbeit wird zunehmend mobil und flexibel, wir verbringen nicht mehr den Großteil unseres Lebens in Büros. Dieser veränderte Arbeitsalltag ergibt sich vor allem durch technologische Neuerungen und durch sie kristallisieren sich auch alternative Berufsfelder heraus. Weil Wissen, Fähigkeiten und Geschäftsmodelle immer schneller veralten, müssen wir uns permanent neu erfinden. Die Floskel des lebenslangen Lernens ist für uns harte Realität.

4) Wir haben das Gefühl, auf uns selbst gestellt zu sein. In der Folge wird Individualität als Lebensziel für viele immer wichtiger. Andere fühlen sich von der Entwicklung aber auch abgehängt und überfordert.

5) In diesem Wandel steckt eine enorme Chance. Denn durch die kommunikativen Möglichkeiten des Internet finden wir nicht nur viele Gleichgesinnte, mit denen gemeinsam wir Neues lernen können. Die Technologie dient zugleich als großes Bildungslaboratorium. Die Vermittlung von Wissen wird zunehmend kostenlos, global, individuell und zu-gleich sozial organisiert.

6) Gleichzeitig verschafft uns dieser kommunikative Anschluss an die Welt erstmals die Möglichkeit, unsere Leidenschaften zum Beruf zu machen, Geld mit dem zu verdienen, was uns begeistert. Im Internet finden wir Kunden, Gleichgesinnte und also Geschäftsmodelle – allerdings auch den größtmöglichen Wettbewerb. Wir müssen also nicht nur unser Leben stärker in die Hand nehmen, wir können es erstmals auch.

7) Es reicht nicht mehr, Dinge einmal zu lernen und dann im Job zu funktionieren. Wir müssen uns vielmehr als Marke inszenieren, müssen Personal Branding betreiben, um im weltweiten Wettbewerb um Arbeitskräfte mitzuhalten. Auch hierbei helfen die Link-Ökonomie des Internets und die Rückbesinnung auf unsere Stärken und Leidenschaften.

8) Glücksforscher sagen, dass wir mit dieser selbstbestimmten, abwechslungsreichen und doch fordernden Art, unsere Arbeit und unser Leben zu gestalten, alle Voraussetzungen erfüllen, um glücklich zu sein.

9) Personal Branding sowie die zunehmend mobilere und flexiblere Natur von Arbeit erlauben uns, die Orte auszusuchen, an denen wir zufrieden und produktiv sind. Leben und Arbeit sind nicht mehr an einen Arbeitgeber und einen Wohnort gebunden. Wir werden global mobil. Auch das kann uns glücklicher machen.

10) Weil wir zunehmend selbst bestimmen, wie, wo und mit wem wir unser Geld verdienen, stellt sich die Sinnfrage verstärkt. Der Trend, ökonomisches und soziales Engagement zu verbinden, nimmt zu. Wir wollen Gutes tun, glücklich sein und Geld verdienen. In der alten, patriarchalischen, hierarchischen und unflexiblen Arbeitswelt schloss sich das in der Regel aus. In der Meconomy ist es geradezu Voraussetzung für den Erfolg.

Friday, August 13, 2010

Willkommen in der "Meconomy"



von Markus Albers

Spätestens die Weltwirtschaftskrise hat uns die Grenzen vieler Werte und Regeln aufgezeigt, die noch unseren Eltern Sicherheit und Verlässlichkeit boten. Wir ahnten es schon, aber jetzt war es unübersehbar – kaum noch etwas bot existenzielle Sicherheit: der lebenslange Job? Die großen Unternehmensmarken? Die Altervorsorge? Marode oder komplett hinfällig. Die scheinbare Berechenbarkeit unseres Lebensrhythmus, der tägliche Weg zur Arbeit, das Sparen für die Rente – alles schien plötzlich hoffnungslos veraltet. Unzuverlässig. Falsch. Es war zum Verzweifeln. Oder man konnte in diesen Katastrophenmeldungen eine gute Nachricht entdecken: Denn was erwartet uns statt des patriarchalischen Systems von Rheinischem Kapitalismus, Reihenhaus, Rente? Vielleicht ja ein Leben, das wir schon seit einigen Jahren vorgeschmeckt haben, das wirklich zu kosten uns aber immer zu risikoreich erschien. Ein Leben, das uns Freiheiten, Entscheidungsoptionen und Wege der Selbstverwirklichung eröffnet, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren.

Tu, was Du liebst, heißt es, dann wirst Du keinen Tag Deines Lebens arbeiten. Was früher nach schwülstiger Selbstfindungsromantik klang, wird heute plötzlich möglich. Nicht zuletzt die digitale Ökonomie macht es einfacher und zugleich notwendiger, Zielgruppen, Anhänger und Märkte für Tätigkeiten und Produkte zu finden, für die wir brennen. Das Leben wird zu einem Baukasten der Möglichkeiten. Modular können wir uns genau jene Teile zusammensetzen, die zu uns passen.

Hierüber tauschen sich von überall in der Welt neuerdings Menschen aus – wie sich die alltäglichen Dinge des Lebens mithilfe von praktischen Tricks und moderner Technik besser bewältigen lassen. Sie versuchen so, ihre persönliche Produktivität zu optimieren, weil der gute alte Bürotag von neun bis fünf zunehmend der Vergangenheit angehört und wir dank diesem Ende der Anwesenheitspflicht erstmals ein wahres Interesse daran haben, Dinge schneller und effizienter geregelt zu bekommen, um danach freizuhaben. In meinem letzten Buch, „Morgen komm ich später rein“, habe ich gezeigt, wie man durch mobile und flexible Arbeitsweise heute weniger Zeit im Büro verbringt und Zeit für andere Dinge gewinnt. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Was passiert dann? Wie nutzt man nun diese Zeit? Für immer mehr Menschen lautet die Antwort: Bildung, Fähigkeiten erweitern, Selbstverbesserung.

Gleichzeitig machen die neuen Kommunikationstechnologien auf der Basis von Internet und mobilen Services das Bilden, Motivieren und Mobilisieren von Gruppen immer einfacher. So kann heute jeder von uns zum Anführer seines eigenen „Stammes“ werden, wie der Marketing-Experte Seth Godin das nennt. Die heute 18- bis 25-Jährigen gelten schon jetzt als die „kreative Generation“, denn sie sind es gewohnt, nicht nur zu konsumieren, sondern genauso selbstverständlich zu produzieren. Auch dies ist für jeden von uns eine nie dagewesene Chance der Selbstverwirklichung.

Mit der Arbeitswelt verändern sich auch die Geschäftsmodelle. „What would Google do?“, fragt der amerikanische Autor Jeff Jarvis und gibt die Antwort für viele Branchen: Auch sie müssen sich neu erfinden – müssen viele ihrer ehemaligen Geschäftsgeheimnisse offenlegen und ihre Produkte von Kunden und Subunternehmern auf unerwartete Weise remixen lassen. Chris Anderson, Chefredakteur der klugen Technologiezeitschrift Wired, hat als neuen Trend „Free“ identifiziert – das Verschenken von Produkten und Dienstleistungen, um dann auf verschiedene neue Weisen doch wieder Geld zu verdienen. Fest steht: Viele Geschäftsmodelle wandeln sich gerade grundlegend. Und die meisten Unternehmen haben heute noch keine Antwort auf diese Veränderungen.

Das bedeutet zweierlei: Egal wie stabil und groß unser Arbeitgeber bislang war – sein Erfolg in der Zukunft, und damit unser Job, sind ungewiss. Und: Die Barrieren für einen erfolgreichen Markteintritt neuer Player sind so niedrig wie nie. Wenn niemand weiß, wie es weitergeht, können genauso gut wir es sein, die die Zukunft miterfinden. Wir sind im positiven Sinne auf uns selbst zurückgeworfen. Die kleinste sinnvolle Einheit, auf die wir uns in der Wissensgesellschaft verlassen können, ist unser Kopf. Wir selbst.

In meinem Buch "Meconomy" gehe ich zehn zentralen Entwicklungen nach, die meiner Meinung nach unsere Arbeits- und damit Lebenswelt in den kommenden Jahren prägen werden. Mich würde nun sehr interessieren, was Sie darüber denken. Ich freue mich auf eine angeregte Diskussion.

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Sie können das Buch "Meconomy" von Markus Albers als E-Book zu einem rabattierten Preis von 5,99 Euro (statt 9,99 Euro) herunterladen. Diese Aktion ist bis zum 10. September 2010 gültig. In unserem Newsletter erhalten Sie das Passwort. Klicken Sie dann hier: http://meconomy.me/shop/



Monday, July 19, 2010

Im Schatten der Führungsspitze: Mittleres Management häufig vernachlässigt

Angst um den Arbeitsplatz, gekürzte Boni und eine allgemein schlechte Stimmung haben in vielen Unternehmen zu einem drastischen Rückgang des Mitarbeiterengagements geführt. Besonders betroffen: das mittlere Management. Dabei sind gerade diese Führungskräfte äußerst wichtig, wenn es darum geht, ein Unternehmen aus der Krise zu führen.

„Das Topmanagement entwickelt Vision und Strategie. Das mittlere Management ist jedoch dafür verantwortlich, diese umzusetzen. Das Engagement von Bereichs- oder Abteilungsleitern ist daher gerade in schwierigen Zeiten erfolgsentscheidend“, erklärt Prof. Rainer Strack, Geschäftsführer der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG). „Außerdem ist es die Aufgabe von Managern der mittleren Führungsebene, die Motivation und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu fördern – was sich gerade in Krisenzeiten besonders schwierig gestaltet.“ Gemeinsam mit der World Federation of People Management Associations (WFPMA) und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e. V. (DGFP) befragte BCG mehr als 5.500 Führungskräfte zu den aktuellen Trends im Personalwesen. Die sechs häufigsten Kritikpunkte: Die Karriereplanung der Unternehmen ist unstrukturiert (bemängelt von 38 Prozent der Befragten); außerdem bleibt ein Verhalten, das nicht den Unternehmenswerten entspricht, bei vielen Arbeitgebern noch immer ohne Konsequenzen (37 Prozent). Die Vergütung richtet sich zu wenig nach der Leistung des Einzelnen und die Unterstützung durch die Führungskräfte ist ungenügend (je 35 Prozent). Außerdem verfügen viele Vorgesetzte nur über mangelnde Führungsqualitäten – und über die monetäre Vergütung hinaus wird die Arbeit zu wenig anerkannt (je 32 Prozent).

Abhilfe schaffen können hier die Führungskräfte. Die meisten von ihnen befinden sich auf den mittleren Hierarchieebenen: In einem Konzern mit 50.000 Mitarbeitern gibt es in der Regel 50 bis 200 Topmanager, aber rund 7.000 Abteilungsleiter oder andere Führungskräfte ohne direkten Kontakt zum Vorstand – das mittlere Management. Zwei Drittel der Befragten bestätigten, dass Letztere die Leistungsbereitschaft der Angestellten wesentlich beeinflussen. Umso alarmierender, dass das Engagement dieser wichtigen Gruppe in den vergangenen zwei Jahren um rund 14 Prozent gesunken ist. „Bislang haben sich viele Unternehmen vor allem auf ihre Topmanager oder die wichtigen High-Potentials konzentriert. Das mittlere Management wurde dagegen häufig vernachlässigt“, sagt Gerold Frick, Geschäftsführer der DGFP e.V., der deutschen Fachorganisation unter dem Dach der WFPMA. „Dabei stellen gerade die Führungskräfte der mittleren Hierarchieebenen das wichtigste Bindeglied zwischen Topmanagement und Mitarbeitern dar.“ Die BCG-Studie zeigt, auf welche Weise Unternehmen das Engagement des mittleren Managements wieder steigern können:

1. Flachere Hierarchien schaffen: Überflüssige Hierarchieebenen, so genannte „Lehmschichten“, schaffen mehr Komplexität, jedoch selten mehr Wert. Daher sollten die Unternehmen versuchen, ihre Hierarchieebenen zu reduzieren und zugleich die Führungsspannen zu erweitern. Auf diese Weise verkürzen sich die Entscheidungswege; das Unternehmen kann schneller auf Veränderungen reagieren. Gleichzeitig übernimmt das mittlere Management mehr Verantwortung. Viele Unternehmen konnten durch die Umsetzung dieser Erkenntnisse bereits Erfolge verbuchen: Ein internationaler Finanzdienstleister etwa, der seine hierarchische Struktur abgeflacht und die Führungsspanne erweitert hatte, konnte nicht nur das Verantwortungsbewusstsein und die Moral seines mittleren Managements verbessern, sondern auch die Entscheidungsprozesse beschleunigen – und Kosten sparen.

2. Entscheidungskompetenz fördern: In vielen Unternehmen haben die Führungskräfte der mittleren Ebenen zwar viel Verantwortung, aber wenig Befugnisse. Doch um wirklich die Leistung und das Engagement ihrer Mitarbeiter beeinflussen zu können, müssen sie in der Lage sein, die Arbeit in ihren Teams selbst zu verteilen sowie Ziele, Weiterbildung und Kompensation ihrer Teammitglieder zu gestalten.

3. Führungskompetenzen fördern: Die wenigsten Manager sind geborene Führungskräfte. Deshalb müssen die Unternehmen die Führungskompetenzen ihrer Manager durch Schulungen weiterentwickeln. Ein global agierender Versicherungskonzern setzt diese Erkenntnis bereits in die Praxis um und investiert deutlich mehr in das mittlere Management als in die Führungsspitze.

4. Strategien gemeinsam gestalten: Führungskräfte der mittleren Ebene sind nicht nur verantwortlich für die Umsetzung der Strategie innerhalb des Unternehmens – sie sind auch näher am Markt und können so Chancen und Veränderungen oft schneller aufspüren als die oberen Führungsriegen. Die Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass das mittlere Management in Diskussionen um Strategie, Visionen und Werte eingebunden ist.

Mehr unter: www.bcg.com

Friday, November 6, 2009

Starverkäufer

Bei meinem letzten Stadtbummel fiel mir in der Buchhandlung ein Ratgeber zum Thema „VERKAUFEN!“ ins Auge. Was verbirgt sich hinter dem „Weg zu Ihrem persönlichen Verkaufserfolg“? Hier klingt es, als gäbe es ein Allheilmittel, mit dem sich jeder ganz einfach zum Verkaufsstar mausern kann.
In der Realität sieht dies jedoch etwas anders aus, und schon die wenigen Tricks, die der Ratgeber bietet, können meist nicht so leicht umgesetzt wie gedruckt werden.

Studien zu diesem Thema bieten vielfach Ansätze, bei denen neben Training und Weiterentwicklung des Verkaufspersonals zahlreiche weitere Faktoren in die Analyse der Vertriebseffektivität miteinbezogen werden. Hier findet sich z.B. ein Versuch, bei dem die Verkaufsdiagnostik 8 Kategorien erfasst, die sich wiederum in 62 Dimensionen aufgliedern lassen. Ein anderer Ansatz von Zoltners, Sinha und Lorimer bestimmt 5 Kategorien mit jeweils 5 Unterpunkten, das Unternehmen ein Werkzeug zur Analyse und Verbesserung ihrer Vertriebseffektivität bieten soll. Als Kategorien haben die drei Wissenschaftler Rollenverteilung und Handlungsbereich, Fähigkeiten/Fertigkeiten und Werte, Know-how, Anreize sowie Kontrollmechanismen bestimmt. In diese Kategorien fallen dann beispielsweise Faktoren wie Größe und Struktur der Verkaufsabteilung, Vergütung, zur Verfügung stehende Daten und Programme oder Zielsetzung und Motivation.
Alles in allem eine Unzahl von Kriterien, die es zu beeinflussen gilt.

Mein Stadtbummel führt mich unter anderem auch in ein Schuhgeschäft. Ein junger Herr berät die Kunden in charmant-gebrochenem Deutsch. Die Schuhe werden ihm förmlich aus den Händen gerissen.
Auf meine Frage hin: Sein 3. Arbeitstag, keine Erfahrung, keine Kommission, kein Training, kein Schlussverkauf.

Ist nicht genau das gemeint, wenn der Normalbürger von „Verkaufstalent“ spricht? Etwas, das man einfach hat und eher nicht beeinflussen kann. Auch dies kann man versuchen durch Charakteristika wie Freundlichkeit, Geduld, Überzeugungskraft, Redegewandtheit und Einfühlungsvermögen messbar zu machen. Die Gewichtung dieser scheint jedoch schon schwerer zu bestimmen. Wie viel Verkaufstalent ist überhaupt nötig, wenn alle sonstigen Kriterien zur Perfektion getrieben werden? Was kann oder muss der geborene Verkäufer überhaupt noch optimieren? Wie kann der Einfluss einzelner Faktoren bestimmt werden? Deren Zusammenspiel und Einzelwert sind unklar.

Das Thema ist komplex. Dennoch lohnt es sich einen Blick darauf zu werfen. Ob mit dem einen oder anderen Ansatz, besagte Studien und Projekte verzeichnen Erfolge. Man glaubt meist nicht, was man schon durch die genauere Betrachtung einer Sache bewirken kann. So führen Zoltners, Sinha und Lorimer das Beispiel eines Pharmazieunternehmens auf, das durch Analyse sowie gezielte Verbesserung und Training einer 20prozentigen Umsatzsteigerung entgegensehen konnte.

Natürlich erfordert solch ein Verbesserungsverfahren einen gewissen Aufwand und trifft oft auf Widerstand der Beteiligten, da die eingefahrenen Wege ungern verlassen werden. Doch genau dort verbergen sich oft die Probleme und man sollte sich die Mühe machen, zumindest einen genaueren Blick auf bestehende Strukturen, Abläufe und Gegebenheiten zu werfen. Man mag erstaunt sein, was man dort findet.
Per aspera ad astra!