Angst um den Arbeitsplatz, gekürzte Boni und eine allgemein schlechte Stimmung haben in vielen Unternehmen zu einem drastischen Rückgang des Mitarbeiterengagements geführt. Besonders betroffen: das mittlere Management. Dabei sind gerade diese Führungskräfte äußerst wichtig, wenn es darum geht, ein Unternehmen aus der Krise zu führen.
„Das Topmanagement entwickelt Vision und Strategie. Das mittlere Management ist jedoch dafür verantwortlich, diese umzusetzen. Das Engagement von Bereichs- oder Abteilungsleitern ist daher gerade in schwierigen Zeiten erfolgsentscheidend“, erklärt Prof. Rainer Strack, Geschäftsführer der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG). „Außerdem ist es die Aufgabe von Managern der mittleren Führungsebene, die Motivation und die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter zu fördern – was sich gerade in Krisenzeiten besonders schwierig gestaltet.“ Gemeinsam mit der World Federation of People Management Associations (WFPMA) und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e. V. (DGFP) befragte BCG mehr als 5.500 Führungskräfte zu den aktuellen Trends im Personalwesen. Die sechs häufigsten Kritikpunkte: Die Karriereplanung der Unternehmen ist unstrukturiert (bemängelt von 38 Prozent der Befragten); außerdem bleibt ein Verhalten, das nicht den Unternehmenswerten entspricht, bei vielen Arbeitgebern noch immer ohne Konsequenzen (37 Prozent). Die Vergütung richtet sich zu wenig nach der Leistung des Einzelnen und die Unterstützung durch die Führungskräfte ist ungenügend (je 35 Prozent). Außerdem verfügen viele Vorgesetzte nur über mangelnde Führungsqualitäten – und über die monetäre Vergütung hinaus wird die Arbeit zu wenig anerkannt (je 32 Prozent).
Abhilfe schaffen können hier die Führungskräfte. Die meisten von ihnen befinden sich auf den mittleren Hierarchieebenen: In einem Konzern mit 50.000 Mitarbeitern gibt es in der Regel 50 bis 200 Topmanager, aber rund 7.000 Abteilungsleiter oder andere Führungskräfte ohne direkten Kontakt zum Vorstand – das mittlere Management. Zwei Drittel der Befragten bestätigten, dass Letztere die Leistungsbereitschaft der Angestellten wesentlich beeinflussen. Umso alarmierender, dass das Engagement dieser wichtigen Gruppe in den vergangenen zwei Jahren um rund 14 Prozent gesunken ist. „Bislang haben sich viele Unternehmen vor allem auf ihre Topmanager oder die wichtigen High-Potentials konzentriert. Das mittlere Management wurde dagegen häufig vernachlässigt“, sagt Gerold Frick, Geschäftsführer der DGFP e.V., der deutschen Fachorganisation unter dem Dach der WFPMA. „Dabei stellen gerade die Führungskräfte der mittleren Hierarchieebenen das wichtigste Bindeglied zwischen Topmanagement und Mitarbeitern dar.“ Die BCG-Studie zeigt, auf welche Weise Unternehmen das Engagement des mittleren Managements wieder steigern können:
1. Flachere Hierarchien schaffen: Überflüssige Hierarchieebenen, so genannte „Lehmschichten“, schaffen mehr Komplexität, jedoch selten mehr Wert. Daher sollten die Unternehmen versuchen, ihre Hierarchieebenen zu reduzieren und zugleich die Führungsspannen zu erweitern. Auf diese Weise verkürzen sich die Entscheidungswege; das Unternehmen kann schneller auf Veränderungen reagieren. Gleichzeitig übernimmt das mittlere Management mehr Verantwortung. Viele Unternehmen konnten durch die Umsetzung dieser Erkenntnisse bereits Erfolge verbuchen: Ein internationaler Finanzdienstleister etwa, der seine hierarchische Struktur abgeflacht und die Führungsspanne erweitert hatte, konnte nicht nur das Verantwortungsbewusstsein und die Moral seines mittleren Managements verbessern, sondern auch die Entscheidungsprozesse beschleunigen – und Kosten sparen.
2. Entscheidungskompetenz fördern: In vielen Unternehmen haben die Führungskräfte der mittleren Ebenen zwar viel Verantwortung, aber wenig Befugnisse. Doch um wirklich die Leistung und das Engagement ihrer Mitarbeiter beeinflussen zu können, müssen sie in der Lage sein, die Arbeit in ihren Teams selbst zu verteilen sowie Ziele, Weiterbildung und Kompensation ihrer Teammitglieder zu gestalten.
3. Führungskompetenzen fördern: Die wenigsten Manager sind geborene Führungskräfte. Deshalb müssen die Unternehmen die Führungskompetenzen ihrer Manager durch Schulungen weiterentwickeln. Ein global agierender Versicherungskonzern setzt diese Erkenntnis bereits in die Praxis um und investiert deutlich mehr in das mittlere Management als in die Führungsspitze.
4. Strategien gemeinsam gestalten: Führungskräfte der mittleren Ebene sind nicht nur verantwortlich für die Umsetzung der Strategie innerhalb des Unternehmens – sie sind auch näher am Markt und können so Chancen und Veränderungen oft schneller aufspüren als die oberen Führungsriegen. Die Unternehmen sollten daher sicherstellen, dass das mittlere Management in Diskussionen um Strategie, Visionen und Werte eingebunden ist.
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