Friday, November 6, 2009

Starverkäufer

Bei meinem letzten Stadtbummel fiel mir in der Buchhandlung ein Ratgeber zum Thema „VERKAUFEN!“ ins Auge. Was verbirgt sich hinter dem „Weg zu Ihrem persönlichen Verkaufserfolg“? Hier klingt es, als gäbe es ein Allheilmittel, mit dem sich jeder ganz einfach zum Verkaufsstar mausern kann.
In der Realität sieht dies jedoch etwas anders aus, und schon die wenigen Tricks, die der Ratgeber bietet, können meist nicht so leicht umgesetzt wie gedruckt werden.

Studien zu diesem Thema bieten vielfach Ansätze, bei denen neben Training und Weiterentwicklung des Verkaufspersonals zahlreiche weitere Faktoren in die Analyse der Vertriebseffektivität miteinbezogen werden. Hier findet sich z.B. ein Versuch, bei dem die Verkaufsdiagnostik 8 Kategorien erfasst, die sich wiederum in 62 Dimensionen aufgliedern lassen. Ein anderer Ansatz von Zoltners, Sinha und Lorimer bestimmt 5 Kategorien mit jeweils 5 Unterpunkten, das Unternehmen ein Werkzeug zur Analyse und Verbesserung ihrer Vertriebseffektivität bieten soll. Als Kategorien haben die drei Wissenschaftler Rollenverteilung und Handlungsbereich, Fähigkeiten/Fertigkeiten und Werte, Know-how, Anreize sowie Kontrollmechanismen bestimmt. In diese Kategorien fallen dann beispielsweise Faktoren wie Größe und Struktur der Verkaufsabteilung, Vergütung, zur Verfügung stehende Daten und Programme oder Zielsetzung und Motivation.
Alles in allem eine Unzahl von Kriterien, die es zu beeinflussen gilt.

Mein Stadtbummel führt mich unter anderem auch in ein Schuhgeschäft. Ein junger Herr berät die Kunden in charmant-gebrochenem Deutsch. Die Schuhe werden ihm förmlich aus den Händen gerissen.
Auf meine Frage hin: Sein 3. Arbeitstag, keine Erfahrung, keine Kommission, kein Training, kein Schlussverkauf.

Ist nicht genau das gemeint, wenn der Normalbürger von „Verkaufstalent“ spricht? Etwas, das man einfach hat und eher nicht beeinflussen kann. Auch dies kann man versuchen durch Charakteristika wie Freundlichkeit, Geduld, Überzeugungskraft, Redegewandtheit und Einfühlungsvermögen messbar zu machen. Die Gewichtung dieser scheint jedoch schon schwerer zu bestimmen. Wie viel Verkaufstalent ist überhaupt nötig, wenn alle sonstigen Kriterien zur Perfektion getrieben werden? Was kann oder muss der geborene Verkäufer überhaupt noch optimieren? Wie kann der Einfluss einzelner Faktoren bestimmt werden? Deren Zusammenspiel und Einzelwert sind unklar.

Das Thema ist komplex. Dennoch lohnt es sich einen Blick darauf zu werfen. Ob mit dem einen oder anderen Ansatz, besagte Studien und Projekte verzeichnen Erfolge. Man glaubt meist nicht, was man schon durch die genauere Betrachtung einer Sache bewirken kann. So führen Zoltners, Sinha und Lorimer das Beispiel eines Pharmazieunternehmens auf, das durch Analyse sowie gezielte Verbesserung und Training einer 20prozentigen Umsatzsteigerung entgegensehen konnte.

Natürlich erfordert solch ein Verbesserungsverfahren einen gewissen Aufwand und trifft oft auf Widerstand der Beteiligten, da die eingefahrenen Wege ungern verlassen werden. Doch genau dort verbergen sich oft die Probleme und man sollte sich die Mühe machen, zumindest einen genaueren Blick auf bestehende Strukturen, Abläufe und Gegebenheiten zu werfen. Man mag erstaunt sein, was man dort findet.
Per aspera ad astra!

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